Ende der Netzsperrenidee: Wer schützt nun die Kinder?

Außer Kontrolle

Die Koalition hat die Idee der Netzsperren gegen Kinderpornographie ad acta gelegt, das Gesetz soll aufgehoben werden. Doch wer kümmert sich nun um die Kinder, von denen bisher wenig die Rede war?

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Ja sicher, man hat viel geredet, über zerfetzte Säuglingsleiber, sich prostituierende Mädchen im Südsudan oder die auf RTL2 portraitierte heiße Minderjährige, die zwar nicht bei "Tatort Internet" die Chatpartnerin spielen, aber immerhin zeigen durfte, wie viel sie von der männlichen Anatomie versteht.

Stephanie von Guttenberg hatte es damals schon erkannt - es gilt die Kinder auf die richtige Weise vor den richtigen Gefahren zu schützen. Dafür begibt man sich dann auch schon einmal in die Abgründe von Fernsehen und Presse, um sich ein Bild zu machen, auch wenn diese kaum zu sehen ist vor lauter "Titten, Thesen, Temperamente". Man muss eben die Ärmel hochkrempeln und sich auch knietief in den Morast begeben, immerhin ist dieser oft klebrig süß und wenn schon keine Einladungen für den nächsten Ball mit besorgten BILD-Journalistinnen dann an einem hängen bleiben, dann doch wenigstens etliche Euro für das Kinderschutzverbändchen, dem man angehört.

Die Netzsperren, das sind, um im pornoisierten Slang der Neuzeit zu bleiben, sozusagen die Ouvertslips im Netz - der Zugriff ist durch neckische Bändchen versperrt und der ein oder andere lässt sich vom dahingegiggelten "du du, da darfst du aber nicht hinsehen... und hinlangen schon gar nicht" davon abhalten, die hinter dem roten Schildchen liegenden Feuchtgebiete zu erkunden, der Rest aber greift beherzt zu.

Aber all diese sexuellen Dinge, die hinter den Netzsperren gegen Kinderpornographie zu finden sind, sind doch eigentlich völlig unwichtig. Niemand hat verstanden, was sich hinter Sätzen wie "...sowas verhöhnt die Opfer einmal mehr" oder "hier werden Kinder erneut missbraucht und entsetzlichen Bildern ausgesetzt" verbirgt. Hier geht es doch nicht nur darum, Bilder von kopulierenden 14-Jährigen zu unterbinden oder die 21jährige Softsexmieze aus Japan um ihr Geld zu bringen, nein, hier geht es auch um eine ganz andere Form des Kinderschutzes. Denn Kinder leiden nicht nur unter Missbrauch und dergleichen, nein, auch was man ihren Eltern antut, wirkt sich direkt auf sie aus - und wenn dies nun dokumentiert wird, also quasi statt der Dokumentation sexueller Gewalt die Dokumentation gesellschaftlich-medialer Gewalt, dann leiden diese umso mehr. Aber so wie man bei Karl Theodor von Guttenberg eher von seiner Doktorarbeit als von den gestorbenen Soldaten in Afghanisthan schrieb, so findet auch dieser Aspekt des Kinderschutzes wenig Beachtung und wurde spätestens mit dem Ende der Netzsperrenpläne vollends ignoriert - die Leidtragenden sind erneut die Kinder.

Was sollen denn nun die Kinder des ehemaligen Ministers sagen, wenn die Uni Bayreuth ihre gesamten Untersuchungsergebnisse ins Netz stellt und Stephanie von Guttenberg, gerade beschäftigt mit der nächsten Staffel von "Tatort Internet", in der KT, in kurzen Hosen und mit AC/DC-T-Shirt, wie gewohnt eine blendende Erscheinung, sich als 13jähriger Bub aus dem Süden ausgibt, ebenso beschäftigt ist wie der noch in der Maske stehende KT? Wie soll man es als Kind verkraften, wenn in grausamer, geradezu perverser Weise auf dem Leid des Vatis herumgetrampelt wird und sein Werk unverhohlen als Plagiat bezeichnet wird? Wie wird es der armen Kinderseele gehen, wenn sie erfährt, dass die Kampagne gegen den Vati in ein natürlich grundfalsches, unberechtigtes und lediglich von Neid geprägtem "er hat plagiiert und gelogen" mündet? Da sterben zwei Kinderseelen und eine Nation schaut zu.

Stephanie zu Guttenberg, Präsidentin der deutschen Sektion von Innocence in Danger e.V., stellt klar: Aus der Sicht der Opfer kann man wohl kaum von Erfolg sprechen, wenn Seiten, deren Inhalt offensichtlich als kriminell erkannt wurde, weiterhin genutzt werden können, bis sie vielleicht irgendwann gelöscht werden. Es wird Zeit, dass wir mehr für die Opfer tun. Kinderschutz sieht anders aus! (Presseerkärung "Innocence in Danger" --- und nur derjenige, der nicht hinter die verletzliche Fassade der blonden BILDhübschen schaut, denkt, dass es hier nur um Kindepornographie geht Die Unschuld ist in vielerlei Hinsicht in Gefahr. Und auch wenn so mancher, wie Georg "keiner macht mich mehr an" Ehrmann von der Deutschen Kinderhilfe u.a. auf die europäische VDS-(Brillen)schlange Cecilia Malmström setzt, die einst noch die VDS kritisch betrachtete, jetzt aber markig verkündet "Data retention is here to stay", so ist doch momentan der Netzsperrendrops erst einmal mehr ausgelutscht.

Dies bedeutet, dass die Guttenberschen Kinder quasi völlig schutzlos der Schmutzkampagne gegen ihren Vati ausgesetzt sind, denn dass rechtzeitig die "Netzsperren gegen Verleumdungen oder solche, die man solche bezeichnet" verabschiedet werden, ist fraglich, zumal momentan Vati nicht mehr als Wirtschaftsminister der treusorgenden Gattin das Gesetzgebungsinitiativhändchen halten kann, um die Netzsperren zu forcieren, wie er es einst tat. Es ist insofern kein Wunder, dass sich KT nicht mehr zu der rückhaltlosen, absoluten Aufklärung bekennen kann, wie er es vorher tat und nicht möchte, dass die gesamten Untersuchungsergebnisse öffentlich gemacht werden? Sicher, es gibt ein öffentliches Interesse an dem Fall, aber doch nur, wenn es positiv für Herrn von Guttenberg ausgeht, anderweitig leiden zwei Kinder vor sich hin - und wer will dazu schon "ja" sagen?

Dauernd beschäftigen sich Menschen in Deutschland mit den Kindern von ALG II-Empfängern, aber was ist mit den Kindern von Ministern, die hilflos zusehen müssen, wie Karl Theodor den "Highway to Hell" entlangfährt, während die blonde BILDerbuchmutti sich in die Abgründe der Presselandschaft begibt, um sich zwischen Tittengirls und geilen Telefonnummern zum Abspritzen gegen die Pornoisierung der Gesellschaft auszusprechen? Für sie hat niemand ein offenes Ohr. Für sie gibt es keine Lobby. Und das ist der eigentliche Skandal beim Ende der Netzsperren.