DFB-Landesverband verklagt Videoportal für Amateur-Fußballfans

Der Württembergische Fußballverband hat gegen das Mini-YouTube Hartplatzhelden Unterlassungsansprüche geltend gemacht, weil die Beklagten anwendergenerierte Filmaufnahmen eigener Veranstaltungen "kommerziell nutzen".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 144 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.

Neuer Streit um das rechtliche Fundament des Web 2.0: Der Württembergische Fußballverband (wfv) hat das Videoportal Hartplatzhelden verklagt. Bei dem Angebot, an dem sich der Landesverband des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) stößt, handelt es sich um ein Ende 2006 gestartetes Mini-YouTube für den Amateurfußball. Nutzer können in Eigenregie selbst aufgenommene Szenen von Spielen in den unteren Ligen hochladen und bewerten. Der wfv hat gegen die hinter der Website stehenden Gesellschafter nun in einer Klage vor dem Landgericht Stuttgart (AZ.: 38 O 139/07 KfH) Ansprüche geltend, weil die Beklagten Filmaufnahmen von Veranstaltungen des Klägers "verwenden und kommerziell nutzen". Er selbst werde dadurch in der Verwertung und Vermarktung der von ihm ausgerichteten sportlichen Wettkämpfe beeinträchtigt und behindert.

Der Gang vor Gericht hat bereits eine juristische Vorgeschichte. Bei der Hartplatzhelden GmbH ging Ende März eine schriftliche Aufforderung ein, Aufnahmen von Spielen im Rahmen der wfv-Ligen nicht mehr öffentlich zugänglich zu machen. Anfang Juni folgte eine kostenpflichtige Abmahnung. Da die angegangenen Gesellschafter die gewünschte Unterlassungserklärung nicht abgaben, hielt der Fußballverband eine Klage für nötig.

In diesem Zusammenhang sieht der Verband nun einen Anspruch auf Unterlassung vor allem auf Basis des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gegeben. Der Veranstalter von Sportereignissen habe "Abwehrrechte" gegen das Ausnutzen der Werbemöglichkeiten durch Dritte, die sich aus dem von ihm organisierten Spielen ergeben. Es liege ein Fall der "unlauteren Leistungsübernahme" vor, da durchaus ein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Zugleich würden die Beklagten die "Wertschätzung" der ausgerichteten und finanzierten Veranstaltungen "unangemessen ausnutzen" und sie "beeinträchtigen". Als Abmahnkosten fordert der Anwalt des wfv eine 1,5-fache Geschäftsgebühr. Als Gegenstandswert hat er 50.000 Euro festgelegt.

Zur Begründung führt der wfv in der heise online vorliegenden Klageschrift ins Feld, dass seine Kernaufgabe die Ausrichtung, Veranstaltung und Durchführung von Meisterschafts- und anderen Wettbewerben im Bereich des Fußballsports sei. So würden an jedem Wochenende mehr als 5000 Fußballspiele auf Sportplätzen im Vereinsgebiet ausgetragen. In diesem Zusammenhang erbringe der Verband "umfangreiche organisatorische und finanzielle Leistungen". Er organisiere den gesamten Spielbetrieb, stelle Spielpläne auf, betreibe einen Online-Ergebnisdienst, organisiere die Sportgerichtsbarkeit, bilde Ordner aus und setze ligaweite Stadionverbote fest.

Im Interesse auch der Vereine arbeitet die DFB-Untergruppe nach eigenen Angaben auch an der Vermarktung der Amateurspiele. So biete sie etwa bereits Werbemöglichkeiten im Rahmen seines Internet-Auftrittes an. Darüber hinaus halte man einen "Service- und Shopbereich" bereit, über den zahlreiche Merchandising-Artikel bezogen werden könnten. Zudem sei es möglich, Ausschnitte aus vom Kläger veranstalteten Spielen als Video anzuschauen.

An den Hartplatzhelden stört den wfv daher besonders, dass auf dessen Webseite von Dritten Filmbeiträge von Spielen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden sollen, die dann öffentlich zugänglich gemacht werden. Das Recht zur gewerblichen Auswertung der Beiträge und zur öffentlichen Wiedergabe stehe gemäß der eigenen Satzung dem Kläger selbst zu. Darin ist davon die Rede, dass für "Fernseh- und Hörfunkübertragungen" vergütungspflichtige Verträge abzuschließen sind. In Ausübung dieser Befugnisse habe man Vertragsverhandlungen unter anderem mit dem Portal Die Ligen aufgenommen, um die zustehenden Rechte kommerziell zu verwerten. Zudem habe auch die von T-Com mit gegründete DFB-Medientochtergesellschaft ein Angebot über die exklusiven Vermarktungsrechte unterbreitet. Die "rechtswidrige" Verwertung der Bewegtbilder durch die Beklagte sei hier beim Abschluss von Verträgen mit den Trägern des Amateurfußballs hinderlich.

Thomas Ramge, der die Web-2.0-Plattform gemeinsam mit dem Trainer und Spieler Oliver Fritsch sowie dem Internetunternehmer Steffen Wenzel gegründet hat, sieht die kleine GmbH dagegen zu Unrecht angegriffen. "Es kann nicht sein, dass ein Landesverband des DFB seinen Mitgliedern verbieten möchte, sich mit Enthusiasmus für den Sport im Internet zu präsentieren", erklärte der Firmensprecher gegenüber heise online. Die Spieler bekämen kein Geld für ihre allein entscheidenden Leistungen auf dem Platz vom wfv. Es müsse ihnen daher gestattet sein, die Möglichkeiten des Internet zu nutzen und sich etwa über Hartplatzhelden.de zu vernetzen.

Mit der Klage wollte sich der Verband laut Ramge wohl den vermeintlich schwächsten Gegner aussuchen, um ein "Grundsatzurteil" zu nutzergenerierten Inhalten zu fällen. Ähnliche oder gleiche Mitschnitte seien schließlich auch auf größeren, nicht-themenspezifischen Videoportalen einfach zu finden. Bei den Hartplatzhelden handle es sich dagegen um "keinen fetten Kapitaldampfer, der dem DFB die Geschäfte kaputt macht". Vielmehr habe man den Aufbau der Seite "mit eigenen Mitteln gewuppt" und die dahinter liegende Infrastruktur mithilfe von Sponsoren wie T-Online zum Laufen gebracht. Die Werbeeinnahmen, die mit dem Abruf von Spielen aus den Kreisligen des wfv erzielt würden, lägen im "einstelligen Cent-Bereich". Dennoch habe man generell zumindest die Mittel, um den Rechtsstreit "in mehreren Instanzen" durchzuziehen.

Der Anwalt der Hartplatzhelden, Fabian Reinholz von der Berliner Kanzlei Härting Rechtsanwälte, rechnet seinen Klienten gute Chancen bei der Abwehr der Unterlassungsklage aus. Ihn wundert vor allem, dass der Kläger "aufs Wettbewerbsrecht ausgewichen ist". Die sonst häufig ins Spiel gebrachten Urheber- oder Markenrechte hätten vom Schutzbereich her nicht ausgereicht. Man müsse nun die Frage stellen, wo bei den "wettbewerbsrechtlichen Vorleistungen" eine Grenze zu ziehen sei. Bei den Amateurspielen sieht er diese jedenfalls nicht erreicht. Sonst dürfe künftig auch niemand mehr Fotos oder Videoaufnahmen etwa von der Silvesterfeier am Brandenburger Tor veröffentlichen, da hier der Berliner Senat oder seine Partner entsprechende Vorleistungsrechte geltend machen könnten. Dem DFB wirft Reinholz vor, sich im Nachklang des "Hypes" um die Fußball-WM 2006 die "Pfründe" für eine umfassende Vermarktung der Amateur-Ligen in den Medien sichern zu wollen. Echte Alternativen zu den Hartplatzhelden habe er dabei aber noch nicht zu bieten. (Stefan Krempl) / (jk)