Klüger, als viele Rösler zugetraut haben

Der Wirtschaftsminister bietet seinen Rücktritt vom FDP-Vorsitz an

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

"Ich bin bereit, zur Seite zu treten, wenn Rainer Brüderle auch Bundesvorsitzender werden will", soll der FDP-Vorsitzende Rösler angeboten haben. Als Quelle werden Parteikreise genannt.

Der Zeitpunkt ist klug gewählt. Man verlässt die Party am besten dann, wenn sie am schönsten ist und ein guter Abgang in Erinnerung bleibt. Die Spitze der FDP ist ein Haifischbecken. "Dieses tolle Ergebnis fordert erst recht, die personelle Aufstellung für die Bundestagswahl schnellstmöglich zu entscheiden, damit alle Personaldiskussionen ein Ende haben", wird Parteikollege Niebel nach dem gestrigen Wahltag zitiert. Niebel gehört nicht zu den Unterstützern Röslers, wie er bei der FDP- Dreikönigskundgebung noch einmal unmissverständlich deutlich machte. Und er ist nicht der einzige in der Partei, der auf eine Ablösung Röslers drängte.

Röslers Schritt zwingt die Parteiführung und seine Gegner dazu, Farbe zu bekennen. Dabei riskiert Rösler selbst wenig. Sein Posten als Wirtschaftsminister bleibt ihm vielleicht und selbst wenn nicht, hat er als ehemaliger Wirtschafts-und Gesundheitsminister beste Aussichten, daraus in der freien Wirtschaft Kapital zu schlagen. Auch verfügt Rösler - im Unterschied zu anderen erfolglosen Parteifunktionären - als Arzt über einen Beruf, der ihn weniger abhängig von seiner politischen Karriere macht. Der Zwang aus wirtschaftlichen Gründen, an seinen Posten als Parteichef zu kleben, ist bei Rösler weniger stark.

Rösler dürfte auch bewusst sein, dass er und die FDP sich das überraschend gute Abschneiden gestern nicht unbedingt als Erfolg eigener Arbeit ans Revers heften können. Zwar beginnt die Diskussion über den Anteil über die sogenannten Leihstimmen erst, aber daran, dass das gute Abschneiden der FDP zu einem großen Anteil dem kurzzeitigen Wechsel von CDU-Wählern zu verdanken ist, kann man nicht vorbeisehen. Manche Zahlen sind bemerkenswert hoch: "80 Prozent der aktuellen FDP-Wähler würden demnach eigentlich CDU wählen."

[Update]: Nach neuesten Meldungen soll man sich in der FDP-Spitze darauf geeinigt haben, dass Rösler Parteivorsitzender bleibt.