Das Proton ist kleiner als gedacht

Das Proton genannte Elementarteilchen, das den Kern der einfachsten Variante des Wasserstoffs bildet, ist es immer für eine Überraschung gut

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Wie ein Paper im Fachmagazin Science zeigt, liegt der Radius des positiv geladenen Elementarteilchens etwas niedriger, als man bisher vermutete. Ein internationales Forscherteam hat mit einer neuen Methode nachgemessen - statt etwa 0,88 Femtometer ist es nur rund 0,84 Femtometer (Billionstel Millimeter) groß.

Bisher hat man den Protonenradius mit zwei verschiedenen Verfahren ermittelt. Lässt man Elektronen auf Protonen prallen, werden die viel leichteren Elektronen gestreut. Die Streuung hängt vom Protonenradius ab. Allerdings hat das Proton gewissermaßen keine harte Schale, seine Ladungsdichte fällt mit der Entfernung von seiner Mitte "nur" exponentiell ab. Der Grad dieses Abfalls ist experimentell schwer zu bestimmen, bestimmt aber wesentlich, welches Ergebnis man für den Protonenradius erhält.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, spektroskopisch die Übergangsfrequenzen zwischen zwei Anregungszuständen in einem Wasserstoffatom zu messen. Sie hängen – zu einem sehr geringen Teil – auch vom Radius des Protons ab, weil sich das resultierende elektrische Feld von dem einer Punktladung unterscheidet. Die Schwierigkeit besteht hier darin, dass bei diesem Verfahren auch eine Naturkonstante ins Spiel kommt, die Rydberg-Konstante. Sie gehört zwar zu den am genauesten experimentell bestimmten Konstanten, birgt aber trotzdem eine gewisse Unsicherheit.

Das internationale Forscherteam hat sich die Sache nun etwas erleichtert, indem es nicht das Wasserstoff-Atom betrachtete, sondern myonischen Wasserstoff, bei dem ein negativ geladenes Myon um den Kern kreist. Weil das Myon 207 Mal so schwer ist wie das Elektron, befindet es sich weit näher an dem Proton, das den Kern bildet. Dadurch hängen seine als Spektrallinien beobachtbaren Energieniveaus deutlich stärker vom Radius des Protons ab als die des Elektrons im Wasserstoffatom.

Woran die unterschiedlichen Messergebnisse der Verfahren liegen, darüber ist sich die Forschung noch uneins, wie die Physikerin Helen Margolis in einem begleitenden Kommentar analysiert. Zunächst sucht man nach systematischen Fehlern in einer der Methoden. Bei der Spektroskopie normalen Wasserstoffs ist es zum Beispiel nötig, die Form der Spektrallinien exakt zu modellieren – womöglich geschieht das bisher nicht genau genug. Gelingt die Fehlersuche nicht, müsste man die Grundlage der Methode überdenken, die Quantenelektrodynamik selbst. Das sollen nun Versuche an weiteren myonischen Systemen wie myonischen Deuterium oder myonischem Helium zeigen.