Online n. Chr., heute: iPhone

Neben der Spur

Sommer ist es. Zeit, um sich mit der Badehose und dem Schwimmreifen vor den Bildschirm zu setzen und sich die Klassiker noch einmal klassisch anzuschauen. So als würde man sie zum ersten Mal sehen. Heute: iPhone

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Wenn jemand seinen Kopf nach unten hält und unsicher durch die Strassen wankt, dann kann ihm schlecht sein oder er hat einfach nicht seinen Tag oder er bedient zusätzlich noch ein iPhone im Gehen.

iPhones sind diese Spielkarten grossen, immer verschmierten Telefone aus Glas und Metall, die man nicht einmal aus einem Meter Höhe wütend zu Boden werfen darf. Das sind Geräte, auf denen der eigene Daumen seitlich ausrutschen muss, damit sie überhaupt zu funktionieren beginnen. Für allerlei.

Man kann mit diesen Telefonen Musik hören, die man vorher raubkopiert hat. Man kann sie aber auch legal herunterladen. Und dann kopieren. Auf das iPhone. Das gilt für Videos und Radioprogramme. Und die eine oder andere Fernsehserie soll auch schon auf diesen Geräten gesichtet worden sein. Dann kann man seinen Kalender anschauen und sehen, was man eh schon weiss: Dass man heute keine Termine hatte bis auf den einen, den man eh nicht vergessen hätte. Und die Mails könnte man lesen, sogar die aus dem Büro. Aber das will man nicht. Dafür ist es heute zu schwül.

Adressenverzeichnisse und ein Wetterbericht, der garantiert nie stimmt, Aktienkurse und ein Notizblock, auf dem nur Getipptes Platz hat, das alles hat das Telefon schon bei sich. Aber es gibt einen Shop, da lassen sich Programme, sogenannte Apps, nachkaufen, die mehr und mehr andere Geräte ersetzen. Sogar ein Babyphone gibt es (4.99) und ein Diktiergeät (gratis). Was es nicht gibt: Office von Microsoft. Dafür gibt es aber alte Musikinstrumente, die früher ein Heidengeld gekostet haben (150.000 USD wie der Fairlight CMI), was sie aber immer noch tun (heute: 49,90).

Da war doch noch etwas. Genau. Man kann damit gerüchteweise auch telefonieren. Deshalb heisst es ja so. Eigentlich müsste es streng nach seinem Nutzungsgrad iSing heissen. Aber offiziell ist es zum Telefonieren da. In Wirklichkeit, das wissen wir alle, gibt es nur zwei Arten von Nutzern für dieses Ding. Solche, die eben mit dem Kopf nach unten den Store nach einer neuen App durchsuchen, die sie dann eh nicht nutzen, und dabei dann vor ein Auto laufen, dessen Fahrer sehr froh ist, dass er jetzt endlich einmal die Notruf-App testen kann, damit der Sanitäter einrollt.

Und dann gibt es noch die Heavy-User. Mopsige Dickerchen mit pinken Haaren und schlecht gemachten Brilli-Fingernägeln, die damit auf dem Display herumwuschen, das von einer Schutzhülle aus Pink mit mindestens einem Herzen oder einer Katze darauf umschlossen wird. Und sie haben diese weissen Stecker im Ohr und singen irgendetwas von Guetta so laut und falsch mit, dass man ebenfalls zwei Entschlüsse fasst:

Nie selbst ein iPhone kaufen. Und: Umbringen an der nächsten Haltestelle. Am besten mit einer Fettabsaug-App. Das hinterlässt am wenigsten Spuren.