Krawattenpflicht für Strafverteidiger

Bundesverfassungsgericht lehnt Verfassungsbeschwerde ab

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Ein bayrischer Strafverteidiger hatte in einer Hauptverhandlung vor der Strafkammer zwar mit seiner Robe und einem weißen Hemd renommiert, sein Antlitz jedoch nicht mit einer Krawatte geziert. Nachdem der Advokat seine Blöße auch nicht auf mehrfachen Tadel nachbessern wollte, wies ihn der Vorsitzende als Verteidiger zurück. Der jedoch las in § 20 der Berufsordnung für Rechtsanwälte nur etwas von einer Pflicht zum Tragen einer Robe, nicht jedoch für sonstige Texitilien. (Ähnlich wie der Verteidiger sah es auch 2009 das Landgericht Mannheim, das in einem anderen Fall über die Gültigkeit einer Verordnung des baden-württembergischen Justizministeriums von 1976 befand.)

Das Oberlandesgericht München befand letztes Jahr, der Anwalt sei zu Recht nach § 176 GVG zurückgewiesen worden, weil er seine Pflicht verletzt habe, vor Gericht Amtstracht zu tragen. In Bayern gehöre gewohnheitsrechtlich zur Amtstracht eine „weiße Halsbinde“. Die textile Enthaltsamkeit des Organs der Rechtspflege sei ein schwerwiegender Verstoß und rechtfertige die Zurückweisung als Verteidiger.

Das Bundesverfassungsgericht nahm die gegen die OLG-Entscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Der Anwalt könne ähnliche Maßnahmen künftig abwenden, indem er eine Krawatte anlege. Dies stelle für ihn keine unzumutbare Belastung dar, auch mit Blick auf die Interessen seines Mandanten an einem zügigen Prozessverlauf. Auch eine existenzielle Bedrohung vermochte das Bundesverfassungsgericht nicht zu erkennen.

Das Argument einer Beeinträchtigung der Sauerstoffzufuhr durch Krawatten findet sich offenbar nicht in der Diskussion. Meinungsverschiedenheiten über Krawattenpflicht hatten 2011 dazu geführt, dass ein Bundestagsabgeordneter der Grünen sein Amt als Schriftführer nicht antrat. Auch Krawattenmotive beschäftigen bisweilen die Justiz.