Schüsse bei Antifa-Demo in Athen

Nea Dimokratia will die rechtsextreme Chrysi Avgi als kriminelle Organisation verbieten - und hält SYRIZA für eine linke Version von Chrysi Avgi

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Während in ganz Griechenland als Folge der Ermordung von Pavlos Fyssas tagtäglich Demonstrationen gegen den Faschismus organisiert werden, kam es nach einem relativ ruhigen Donnerstag am heutigen Freitag zu einem weiteren Eklat. Eine Person hatte sich mit seinem Motorrad einer Demonstration im Athener Vorort Dafni genähert. Weil der Mann den Demonstranten verdächtig erschien, ging eine Gruppe von Demonstranten auf ihn zu. Der Mann zog unvermittelt eine Waffe und feuerte mehrere Warnschüsse in die Luft.

In der Folge wurde er von einer Gruppe Demonstranten gejagt und versteckte sich in einem Café. Die Belagerung des Cafes durch Demonstranten wurde seitens der Einsatzpolizei mit Blend- und Tränengasgranaten aufgelöst. Der Mann, der nach ersten Angaben einen legalen Waffenschein besitzt, wurde festgenommen. Ebenfalls Eidikos_froyros_o_andra.html: bekannt wurde, dass es sich um einen außer Dienst befindlichen Polizisten handeln soll.

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Proteste in Athen. Bild: W. Aswestopulos

Seitdem in der Nacht zum Mittwoch der als antifaschistischer Musiker bekannte, arbeitslose Hafenarbeiter durch einen Anhänger der Chrysi Avgi bei einem offensichtlich geplanten Überfall erstochen wurde, ist in der Regierung eine Panik ausgebrochen. Weil ein Parteienverbot mit der geltenden Verfassung kaum möglich ist, plant der Bürgerschutzminister die Chrysi Avgi anhand zahlreicher ihr zugeschriebenen Straftaten als verbrecherische Organisation zu brandmarken. Damit hätte die Justiz eine Handhabe, führende Mitglieder der Partei unter Verwendung der Paragraphen gegen mafiöse Strukturen selbst für die kleinsten Verfehlungen für zehn Jahre hinter Gitter zu bringen.

Seitens der regierenden Nea Dimokratia wird sogar öffentlich über weitere Schritte nachgedacht. Fraktionssprecher Voridis sieht auch in der kommunistischen Partei eine gefährliche Organisation sieht. In eine ähnliche Kerbe schlägt der Abgeordnete und Vertraute des Premierministers Chrysanthos Lazaridis. Für ihn steht SYRIZA für eine linke Version der Chrysi Avgi. Es ist erkennbar, dann in Kreisen der Nea Dimokratia offen über eine Ausschaltung der Opposition nachgedacht wird.

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Bild: W. Aswestopoulos

Gleichzeitig beschließt die Regierung eine Ausweitung der Steuerfreiheit für Reeder. Künftig soll der Aktienbesitz von Wertpapieren der Schifffahrtsunternehmen nicht mehr meldepflichtig sein. Ebenfalls am Freitag wurde bekannt, dass die Nea Dimokratia während ihrer Regierungszeit von 2004 bis 2009 insgesamt 302.151 neue Beamten einstellte, was von Kommentatoren durchaus mit der Pleite der Staatsfinanzen in Verbindung gebracht wird.

In der griechischen Presse tauchen derweil immer mehr Insiderberichte über die Chrysi Avgi auf. Einige davon berichten über Schutzgelderpressungen bei Immigranten und paramilitärischen Strukturen. Auch Verflechtungen der Polizei mit der Partei werden vielfältig thematisiert. Die Ausbildung der Parteigänger soll, wenn den Zeugenaussagen Glauben geschenkt werden kann, aus einem harten militärischen Drill bestehen. Der geständige Mörder des Musikers soll für seine Schlägerdienste von der Partei bezahlt worden sein.

In den nächsten Tagen wird erwartet, dass die Auswertung des Mobiltelefons und der geführten Gespräche sowohl des Täters als auch weiterer Personen kompromittierende Details für die Parteiführung der Chrysi Avgi beweisen wird. Danach stehen ab Montag intensivere juristische Aktionen der Strafverfolger an. Währenddessen riefen antifaschistische Gruppen für Samstagmorgen zu einer Demo in Nikaia bei Piräus auf. In direkter Nachbarschaft plant die Chrysi Avgi zeitgleich eine "Armenspeisung nur für Griechen".