Kostenpflichtige Warteschleifen als Teil des Geschäftsmodells

Hotlinebetreiber-Selbstverpflichtung von 2007 blieb weitgehend wirkungslos

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Eigentlich klingt es wie eine faire Idee: Gebühren für das Verweilen in der Telefonwarteschleife. Allerdings erhält diese Gebühren bei den bestehenden Hotline-Gepflogenheiten nicht der Wartende, der seine Zeit opfern muss, sondern die Firma, die ihn dazu zwingt. Dieser Missstand ist schon länger bekannt. Abhelfen sollte ihm eine Selbstverpflichtung der Anbieter in Form eines "Leitfadens für eine verbraucherfreundliche Kundenbetreuung". Den hatte der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) auf dem Informationstechnologie-Gipfel der Bundesregierung vor zwei Jahren als Lösung des Problems angepriesen. Der Selbstverpflichtung zufolge sollten die Wartezeiten "durchschnittlich" unter 30 Sekunden liegen.

Am Montag zog Christian Fronczak vom Bundesverband der Verbraucherzentralen gegenüber der Frankfurter Rundschau das Fazit, dass die Selbstverpflichtung "nicht den erhofften Erfolg gebracht" habe. Anlass dafür war eine Stichprobe im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen, die zu verschiedenen Tageszeiten rund 300 Mal bei 50 Hotlines mit teurer 0900-Vorwahl anrufen ließen. Bei mehr als 30 Prozent der Nummern lag die durchschnittliche Wartezeit nicht nur über den in der Selbstverpflichtung beschlossenen 30 Sekunden, sondern betrug mehr als eine Minute. Im Extremfall, beim DSL-Anbieter 1&1, waren es einmal sogar 23 Minuten. Weil die Gebühren pro Minute aber niedriger als bei anderen Anbietern lagen, war nicht dieser Anruf der teuerste, sondern einer bei "Tarotkönig", wo sieben Minuten Warten 13 Euro kosteten.

Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn äußerte angesichts dieser Ergebnisse die Vermutung, dass das teure Warten bei vielen Anbietern zum Geschäftsmodell gehört. Auf diese Weise könnten Firmen "viele Millionen Euro [...] ohne Gegenleistung" verdienen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert angesichts der offensichtlichen Wirkungslosigkeit der Selbstverpflichtung gesetzliche Schritte wie ein Verbot von Störungshotlines mit teuren 0180- oder 0900-Vorwahlen, weil diese einen Anreiz geben, Produkte defekt auszuliefern oder Dienstleistungen fehlerhaft durchzuführen und bei der Beseitigung solcher Störungen noch einmal zu kassieren. Bei anderen Servicenummern sollten (wie beispielsweise in Frankreich) Gebühren nur für das Gespräch und nicht für die Wartezeit berechnet werden dürfen, was - anders als von manchen Anbietern behauptet - technisch heutzutage ohne Weiteres möglich ist.