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In einer neuen Allensbach-Umfrage spricht sich eine relative Mehrheit der Deutschen unter 30 gegen ein Urheberrecht im Internet aus

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Das Urheberrecht entstand als eine Art spezielles Handelsrecht. Bis zu Massenverbreitung von Tonbandgeräten mussten sich eigentlich nur Agenten, Verleger und andere Kaufleute damit auseinandersetzen. Damals löste man das Problem, dass dieses Spezialistenrecht für eine Übertragung auf den Verbraucher nur sehr bedingt geeignet ist, mit Pauschalabgaben auf Geräte und Leermedien, die Konsumenten auf relativ einfache Weise von massenhaft formell rechtswidrigen Alltagshandlungen exkulpierten. Für das Internet fehlt solch eine Exkulpationsregelung bisher. Hier versuchen Rechteinhaberindustrie und Politik stattdessen, mit immer neuen Verschärfungen eine Akzeptanz durch den Verbraucher zu erreichen.

Eine neue Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach deutet darauf hin, dass sie damit scheitern könnten: Darin sprachen sich zwar von den Menschen über 30 Mehrheiten zwischen 59 und 61 Prozent für einen Urheberrechtsschutz im Internet aus – aber in der Gruppe zwischen 16 und 29 lehnte ihn eine relative Mehrheit von 46 Prozent komplett ab. Für Urheberrechtsschutz im Internet votierten lediglich 39 Prozent der jüngeren Befragten. Der Rest war unentschieden oder wollte aus anderen Gründen nicht antworten – womöglich auch deshalb, weil er der Anonymität und dem Schutz der erhobenen Daten nicht traute.

Dieses Ergebnis ist unter anderem deshalb bemerkenswert, weil die beiden Kontraststatements, die den Befragten vorgelegt wurden, relativ suggestiv formuliert waren und eigentlich indirekt zu einer Wahl der Pro-Urheberrechts-Aussage lockten: So enthielt das Statement für den Monopolschutz keinen Hinweis auf Profite der Verwerter, aber die Behauptung, Musiker und Schauspieler wären darauf angewiesen - während in der Stellungnahme gegen eine Urheberrechtsanwendung nicht zwischen einer gewerblichen und einer nichtgewerblichen Nutzung unterschieden wurde. Außerdem wurde nicht nach dem Down-, sondern nach dem Upload gefragt.

Ein weiteres interessantes Ergebnis der Erhebung ist, dass auch von denjenigen, die das Urheberrecht grundsätzlich befürworten, kaum jemand daran glaubt, dass es sich im Internet wirklich durchsetzen lässt: Insgesamt sind nur 14 Prozent dieser Auffassung, während 57 Prozent glauben, "dass man das kostenlose Kopieren bzw. den kostenlosen Austausch von Filmen oder Musik im Internet überhaupt [nicht] verhindern kann". Verringert man den Kreis der Befragten um sehr alte Leute, die sich dem Internet vollständig verweigern, dann kommt diese Meinung sogar auf eine Mehrheit von 65 Prozent.