Ein Drittel der Erwerbstätigen unter 35 Jahren ist prekär beschäftigt

Nach einem Bericht der IG Metall nehmen für die jungen Menschen prekäre Beschäftigung und damit Unsicherheit zu

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Die Krise, so steht es zu vermuten, wird Deutschland noch einholen, wenn der Export aufgrund der Rezession und der Sparmaßnahmen in den verschuldeten Ländern weiter einbricht, wie viele befürchten. Noch aber boomt die Wirtschaft. Dennoch stellt eine Studie der IG Metall fest, dass viele jungen Menschen keinen festen Arbeitsplatz finden. Zwar ist die Arbeitslosigkeit der jungen Menschen im Vergleich zu Griechenland, Portugal oder Spanien gering, aber fast jeder Dritte der Menschen unter 35 Jahren arbeitet befristet, ist in Leiharbeit oder in einer ABM-Maßnahme, so die IG Metall.

Die IG Metall hat zum dritten Mal im Juni des Jahres eine repräsentative Umfrage unter 1000 jungen Erwerbstätigen unter 35 Jahren und 800 Personen über 35 Jahren von Infratest durchgeführt. Danach gaben noch mehr der jungen Menschen als im Jahr zuvor an, dass sie 2011 "ungewollte Einschnitte und Brüche" wie Arbeitslosigkeit, Leiharbeit oder Arbeitsplatzwechsel erlebt hatten. Prekäre Beschäftigung haben nun 32 Prozent der jungen Menschen in ihrem bisherigen Leben erfahren, 2009 waren es noch 28 Prozent. "Etwa jeder Dritte hat keinen Ausbildungsplatz in seinem Wunschberuf und jeder vierte Befragte hatte Probleme, überhaupt einen Ausbildungs- oder Studienplatz zu finden. Das führt beispielsweise dazu, dass junge Menschen sich eine Tätigkeit suchen, die unter dem eigenen Qualifikationsniveau liegt", so die IG Metall.

Auffällig ist, dass prekäre Beschäftigung die jungen Menschen besonders stark trifft. Während bei diesen der Anteil gestiegen ist, sank er bei den Über-35-Jährigen von 16 Prozent im Jahr 2009 auf 11 Prozent. Daraus könnte man ablesen, dass die jungen Menschen ab einem gewissen Alter erwarten können, einen festen Arbeitsplatz zu erhalten, die Gewerkschaft sieht eher eine Vertiefung der "sozialen Spaltung" zwischen den Jungen und Älteren: "Die zunehmende Unordnung des Arbeitsmarktes geht vor allem zu Lasten der jungen Generation", so Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall.

Die jungen Menschen haben nicht nur öfter unsichere Jobs, sie verdienen auch oft so wenig, dass ein Job für sie nicht reicht. Ein Viertel der jungen Menschen hat noch einen oder mehrere Nebenjobs. Weniger als 2000 Euro brutto verdienen 55 Prozent, bei den über 35-Jährigen sind es allerdings auch noch 47 Prozent. Der Anteil der jungen Menschen im Niedriglohnbreich ist jedoch weiter gestiegen, 23 Prozent der unter 35-jährigen Erwerbstätigen sind so beschäftigt.

Vor allem weiten sich die Werkverträge aus, die die Gewerkschaft als Mittel der weiteren Deregulierung des Arbeitsmarktes kritisiert: "15 Prozent der unter 35Jährigen (ohne Leiharbeiter) gaben an, dass der Arbeitgeber im Rahmen von Werkverträgen Leistungen für andere Unternehmen erbringt und er mehr als zwei Drittel der Arbeitszeit auf dem Firmengelände eines Auftraggebers des Arbeitgebers verbringt."

80 Prozent der jungen Menschen fordern einen Mindestlohn, 73 Prozent wünschen eine Begrenzung der Leiharbeit. Für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sprechen sich 89 Prozent aus. Ebenso viele fürchten, dass länger andauernde unsichere Beschäftigungsverhältnisse "zu psychischen Belastungen führen, die Lebensplanung und damit auch mögliche Familiengründungen erschweren sowie berufliche Aufstiegschancen behindern".

Zu vermuten ist, dass die zunehmende Unsicherheit der Beschäftigungs- und Einkommensverhältnisse auch für die fallende Geburtsrate mit verantwortlich ist, die nach dem Statistischen Bundesamt auf einen Tiefstand gefallen ist. In Deutschland, das mit der Deregulierung des Arbeitsmarkts und Hartz IV zum Wachstumsmotor in der EU geworden ist, liegt die Geburtenrate trotz finanzieller Unterstützung unter der aller anderen europäischen Länder. 2011 ist die Geburtenrate noch einmal um 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen.