Offshore Windkraft wird zur öffentlichen Baustelle

Bei fehlendem Netzanschluss haften die Stromkunden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Irgendwie kennt man das ja auch von anderen prominenten Bauvorhaben wie dem Flughafen Berlin Brandenburg BBI oder der Elbphilharmonie, dass von Politkern herbeigesehnte Projekte am Ende viel teurer werden als angekündigt. Letzte Woche wurde nun das lange umstrittene Gesetz über die Höhe der Entschädigungszahlungen bei nicht funktionierender Netzanbindung der Offshore-Windkraftwerke auch im Bundesrat beschlossen und tritt damit in Kraft. Es soll vor allem Netzbetreiber wie Tennet schützen, die Probleme beim Anschließen der Windparks auf See haben. Tennet ist für den Anschluss von zehn Offshore-Projekten mit einer Kapazität von 5.5 GW verantwortlich und veranschlagt dafür Baukosten von rund sechs Mrd. Euro.

Bei fehlendem oder ausgefallenem Netzanschluss sollen die Anlagenbetreiber nun Entschädigungszahlungen von bis zu 17,5 Mio. Euro "je Schadensereignis" erhalten. Der Netzbetreiber selbst haftet aber pro Jahr insgesamt mit maximal 110 Mio. Euro. Den Rest sollen die Stromkunden direkt und quasi per Vorauskasse zahlen. Denn die Haftungsregelung startet schon ab 2013, also noch in der Bauphase der meisten Offshore-Kraftwerke und Anschlussleitungen. Es handelt sich bei der Entschädigungsumlage also um eine Baukostensubvention für den Leitungsbau.

Das Energiewirtschaftsgesetz sieht dabei eine Deckelung der Umlage, die die Stromverbraucher zu zahlen haben, auf 0,25 Cent pro Kilowattstunde vor. Eine Studie im Auftrag der Grünen im Bundestag kommt jetzt allerdings zu dem Ergebnis, dass statt der geplanten Entschädigungszahlungen von maximal 1 Mrd. Euro, allein bis 2015 voraussichtlich (je nach Szenario) 2,2 beziehungsweise 2,7 Mrd. Euro an "Entschädigung" zu erwarten seien. Allerdings möchten auch die Grünen nicht auf die Offshore-Windkraft verzichten. Nur schlagen sie vor, dass die Kosten nicht direkt auf die Stromrechnung umgelegt werden, sondern indirekt aus dem Staatshaushalt finanziert werden sollen.

Das BMWi spricht dagegen von Panikmache, die Auftragsstudie der Grünen lasse weitgehend außer Acht, dass die Haftungsregelungen mit der Einführung einer Offshore-Netzplanung verknüpft worden seien, die gewährleiste, dass "künftig der Bau von Windparks und Netzen Hand in Hand geht". Das allerdings scheinen auch die Stromanbieter nicht zu glauben, denn die Entschädigungszahlungen wurden schon als Begründung für die höheren Strompreise ab Januar 2013 mit eingepreist, das heißt, sie gehen bereits davon aus, dass der maximale Schadensfall eintreten wird.