Antwort der Bundesregierung auf Fragen zu Stay Behind

Geheimdienstgeschichte sollen Historiker klären

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Die Bundesregierung hat auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion zum Luxemburger Bombenleger-Prozess geantwortet. In der von der "jungen Welt" veröffentlichten Drucksache 17/13214 erteilte Bundesminister Ronald Pofalla für die Bundesregierung Auskunft über Fragen zu Stay Behind/Gladio und zur Person des letztes Jahr verstorbenen Johannes Karl Kramer, dessen Sohn Andreas Kramer ihn terroristischer Aktivitäten für den BND bezichtigt hatte.

Wie in Geheimdienstfällen schwerlich anders zu erwarten, fiel die Antwort der Regierung wenig erhellend aus. Zu Stay Behind/Gladio habe man seit 1990 keine neuen Erkenntnisse und überlasse das Thema den Historikern. Das deutsche Stay Behind-Netzwerk habe Ende der 1950er Jahre ca. 75 hauptamtliche Mitarbeiter umfasst, der Bestand an nachrichtendienstlichen Verbindungen habe zeitweise bis zu 500 Personen betragen, bei Auflösung 104 Personen. Die Regierung bestreitet eine Kenntnis, ob der BND für den Verteidigungsfall versteckte Depots angelegt habe. Vielmehr hätten die Alliierten solche Depots mit Metall- oder Kunststoffbehältern angelegt, die neben Notproviant, Wertgegenständen für den Tauschhandel und Ausrüstung für Agenten auch Waffen enthielten. Soweit bekannt, seien diese Depots 1972 aufgelöst worden, wobei solche jedoch noch Ende der 1990er gefunden worden seien.

Seit 1964 sei man Mitglied im "Allied Coordinating Committee" gewesen. Die Bundesregierung räumt eine sowohl bi- als auch multilaterale Zusammenarbeit der Stay-Behind-Organisation des BND mit den Partnerdiensten ein. Gegenstand der Zusammenarbeit seien z.B. gemeinsame Übungen, die Beschaffung einer einheitlichen Funkausrüstung, der Austausch von Ausbildungserfahrungen, die Vereinheitlichung der nachrichtendienstlichen Terminologie u.ä. gewesen. Entsprechende Dokumente kamen allerdings bereits letzte Woche im Dunstkreis des Luxemburger Prozesses ans Licht.

Zur Person des Johannes Karl Kramer (1937-2012) räumt die Bundesregierung dessen Tätigkeit für die Bundeswehr zwischen 1958 und 1990 ein. Was Kramer jedoch konkret zur Landesverteidigung etwa in der Stabsabteilung G 4 (Logistik) beigetragen haben könnte, vermochte man nicht herauszufinden. Die Personalakte sei "aus Datenschutzgründen" nach Ende der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist vernichtet worden. Hinweise auf eine Tätigkeit für den BND lägen nicht vor - wurden jedoch auch nicht ausgeschlossen.

Nach Informationen von Telepolis war Kramer senior vor seiner letzten Bundeswehrverwendung im Streitkräfteamt tatsächlich für den BND tätig gewesen – bislang das einzige Detail, das an den dann doch etwas dick aufgetragenen Aussagen von Andreas Kramer bestätigt werden konnte. Eine Funktion als Drahtzieher terroristischer Attentate, wie sie der wenig überzeugende Zeuge Kramer behauptete, darf bereits aufgrund des niedrigen Dienstgrades "Hauptmann" jedoch bezweifelt werden.