Außerirdische? Kein Problem für die katholische Kirche

Der Chefastronom des Vatikan versucht trotz einiger Schwierigkeiten Wissenschaft mit dem Glauben und der Bibel zu verbinden.

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Der Chefastronom des Vatikan Jose Gabriel Funes sagte in einem Gespräch mit der Vatikan-Zeitung L'Osservatore Romano, dass man durchaus an Aliens und an Gott glauben könne. Obgleich Gott irgendwie doch diese Erde als Heimstatt der Menschen geschaffen und seinen Sohn dorthin geschickt hat, soll es nach der katholischen Lehre keine Probleme geben, auch andere Welten mit anderem Leben zu glauben, das genauso weit fortgeschritten ist wie die Menschen. Das Interview hat gar den Titel "Der Außerirdische ist mein Bruder."

Das Argument geht dahin, dass Gott auf der Erde eine Vielzahl von Lebewesen geschaffen hat. Deswegen könne er auch andere Lebewesen in anderen Welten geschaffen haben. Ganz weit weg von den Kreationisten betont Funes, dass man die Grenzen der göttlichen Kreativität nicht kenne. Und ebenso wie der Heilige Franziskus von anderen Lebewesen als unseren Brüdern und Schwestern gesprochen habe, könne man durchaus auch von möglichen Außerirdischen so sprechen, weil diese ja auch Teil der Schöpfung seien. Gewagt spekuliert der Theologe auf die Frage, wie es denn um die Erlösung der Außerirdischen stünde, dass es ja durchaus sein könnte, dass die nicht von Gott abgefallen sind und demgemäß Jesus auch zu ihnen nicht kommen müsste.

Immerhin insistiert der Interviewer hier noch einmal und fragt, was denn sei, wenn sie Sünder seien. Das versetzt den Theologen nun doch in Verlegenheit, da Jesus ja nicht mehrmals auf verschiedene Welten geschickt worden sein kann, sondern die Verkörperung als Gottes Sohn nur einmal für alle Male geschehen sei. Tatsächlich hätten sonst auch schon die nachfolgenden Generationen (geschweige von den Vorgängern) sowie alle Menschen Erlösungsprobleme, die nicht an Ort und Stelle waren. Jesus kann also den Außerirdischen nicht erschienen sein. Macht auch nichts, irgendwie werden sie doch die Barmherzigkeit Gottes genießen können.

Auch sonst versucht sich der Jesuit und Leiter des Observatoriums im Castel Gandolfo um die Klippen herumzuwinden. Er erklärt, dass die Astronomie "das Herz und den Geist öffnet". Gleichzeitig demonstriere die Kirche mit der Astronomie, dass sie die Wissenschaft nicht bekämpft. Die Welt ist endlich, sagt der Jesuit, zeitlich und räumlich. Begonnen hat sie vermutlich mit Urknall vor 14 Milliarden Jahren und dehnt sich seitdem aus. Ganz einfach fällt es dem Astronomen und Jesuiten nicht, die Bibel und den Urknall zu verbinden. Die Bibel, so sagt er, sei kein wissenschaftliches Buch, eher eine Art Liebesbrief Gottes an die Menschheit. Trotz Urknall glaube er aber weiter daran, dass Gott der Schöpfer des Universums ist und wir kein Produkt des Zufalls sind, auch wenn er die Evolution als Wissenschaft anerkennt.

Die Menschen brauchen die Wissenschaft und den Glauben, die Zeiten der "Missverständnisse" wie im Fall Galileo seien vorbei, hofft der Theologe zumindest. Die Wunden müssten heilen dürfen (wenn sie nicht gerade eben wieder, auch von Christen, aufgerissen werden). Die Aufgabe der Jesuiten sieht er darin, eine Brücke zwischen den Welten zu bilden und zu zeigen, dass man an Gott glauben und gleichzeitig ein guter Wissenschaftler sein kann. Mag sein, dass die Astronomie es der Kirche auch am einfachsten macht – wenn da nicht unsere potenziellen Brüder, die Außerirdischen, wären, mit denen man sich schwer tut, sie in die Schöpfungs- und Erlösungsgeschichte zu integrieren.