Spanien: Auch bisher krisenfeste Genossenschaften wanken

Fagor als größter Hersteller von Elektrohausgeräten in Spanien musste nun einen Insolvenzantrag stellen

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Nun bekommen auch die "bescheidenen Ackermänner" der baskischen Kooperativen offensichtlich Probleme. Mit Fagor Electrodomésticos musste die erste große baskische Genossenschaft einen Insolvenzantrag stellen.

Wie Imanol Bolinaga sind die Beschäftigten des größten Herstellers von Elektrohausgeräten in Spanien entsetzt, dass Fagor am späten Mittwoch einen Insolvenzantrag stellen musste. Die Beschäftigten, oft Miteigentümer der großen Genossenschaft im baskischen Arrasate (spanisch Mondragón), hatten eine "so dramatische Entscheidung" nicht erwartet. Während Bolinaga von der "großen Beunruhigung" unter den 1.800 Beschäftigten spricht, die allein im Baskenland in den fünf Fagor-Werken beschäftigt sind, ist es für die baskische Regierung die "schlechteste Wirtschaftsnachricht des Jahres".

In einem Interview mit Radio Euskadi erklärte Regierungssprecher Josu Erkoreka am Donnerstag, man werde alles tun, um große Teile der Kooperative zu retten, weshalb er auf eine "koordinierte Restrukturierung" setzt. Das Problem des fünftgrößten Herstellers von Haushaltsgeräten Europas ist, dass vor allem der spanische Markt eingebrochen ist. Die Umsätze sind um 37 Prozent gesunken, seit 2007 die Immobilienblase zu platzen begann. Die Zeit der Verluste brach an. Das erste Halbjahr 2013 wurde mit einem Verlust von 60 Millionen Euro abgeschlossen, die sich damit gegenüber denen im Jahr Gesamtjahr 2012 verdreifacht haben. Die Gesamtschulden sollen sich auf etwa 800 Millionen Euro belaufen.

Ein weiteres Problem von Fagor, eines der Aushängeschilder der Kooperativenvereinigung Mondragón (MCC), ist, dass die Vereinigung dem Mitglied nicht mehr beispringen kann. "Wir hatten erwartet, dass MCC die benötigten 50 Millionen Euro beisteuert", meinte Bolinaga, der schon 30 Jahre in der Genossenschaft arbeitet, die 1956 gegründet wurde. Doch MCC hat Fagor schon mit gut 180 Millionen Euro beigestanden. 70 Millionen kamen zum Beispiel im vergangenen Mai als Genossenschaftskredit, 35 Millionen kamen von der Sparkasse Caja Laboral, die ebenfalls zu MCC gehört. Schon 2011 kaufte MCC Werke von Fagor für 55 Millionen Euro, um sie an Fagor zu vermieten. Unklar ist auch, ob die 50 Millionen zur Stützung ausgereicht hätten. Andere Quellen sprechen von einem Kapitalbedarf von 120 Millionen Euro.

Wie aus MCC-Quellen zu vernehmen ist, war es für die Mitgliedskooperativen nicht mehr möglich, Fagor weiter solidarisch mit viel Geld unter die Arme zu greifen. Man sei "an der Grenze der Belastbarkeit" angekommen. Um nicht andere Genossenschaften "in Gefahr zu bringen" habe man die geforderte Unterstützung jetzt abgelehnt. Immer neue Kapitalspritzen seien keine "definitive Lösung", weil die Zukunft von Fagor damit nicht gesichert sei.

Das versteht auch Bolinaga. "Das Genossenschaftssystem hat nicht versagt, sondern der Markt hat uns in diese Lage gebracht." Doch es zeigt sich, dass die schwere Krise in Spanien nun auch tiefe Spuren bei baskischen Kooperativen hinterlässt, die sich bisher als weitgehend krisenfest bewiesen haben. Das hat zur Konsequenz, dass die Arbeitslosenquote im Baskenland nur 15 Prozent nur gut halb so hoch ist wie im spanischen Durchschnitt. In der Provinz Gipuzkoa, wo viele der großen MCC-Kooperativen ihren Sitz haben und produzieren, ist sie mit 13 Prozent so niedrig wie sonst nirgends in Spanien.

Doch mit Fagor wird das bisherige Bild von MCC eingetrübt. Die Internationalisierung von Fagor ging nicht so erfolgreich wie bei anderen MCC-Genossenschaften voran. Die Ausfälle in den bisher wichtigsten Märkten in Spanien und Frankreich, in denen Fagor nach eigenen Angaben Marktführer ist, konnten nicht aufgefangen werden, wie es anderen baskischen Kooperativen erfolgreich gelang. Allerdings konnte Fagor zum Beispiel in Deutschland im vergangenen Jahr ein Rekordergebnis erzielen, wo die Umsätze um 35 Prozent gestiegen sind.

Fagor hat nun mit dem Insolvenzantrag vier Monate Zeit gewonnen, um einen Restrukturierungsplan zu erarbeiten, der die Gläubiger und MCC davon überzeugt, dass die Rettung großer Teile möglich ist. Innerhalb von MCC gibt man sich überzeugt, dass Fagor nicht geschlossen wird. Man ist auch bereit, die Kooperative weiter zu unterstützen. Beschäftigte von Betriebsteilen, die geschlossen werden müssten, könnten mit MCC-Hilfe in Frührente gehen. Längerfristig sollen sie in anderen Kooperativen beschäftigt werden, wie es für Genossenschaftsmitglieder (die Mehrheit der Beschäftigten im Baskenland) im Genossenschaftssystem üblich ist. Zunächst werden sie aber ab Montag den Gang zum Arbeitsamt antreten.

Fagor verfügt über 19 Produktionsstätten in Spanien, Frankreich, Italien, Polen, Marokko und China und verkauft seine Produkte in 130 Ländern. Etwa 8.000 Beschäftigte weltweit produzieren etwa acht Millionen Haushaltsgeräte und sorgen für einen Umsatz von zuletzt etwa 1,4 Milliarden Euro. Die Produkte werden unter den Markennamen Edesa, Aspes, Mastercook, Brandt, De Dietrich, Fagor Commercial und Fagor verkauft.