Atomkraft abgehängt

Die Erneuerbaren liefern nicht nur den Strom für die AKW, sondern werden zum zweitwichtigsten Erzeugungssektor

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Der Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) hat heute vorläufige Zahlen für den deutschen Strommix vorgelegt. Demnach betrug der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Bruttostromerzeugung 2011 voraussichtlich 19,9 Prozent und überholte damit Steinkohle und Atomkraft. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein stattlicher Zuwachs von 3,5 Prozentpunkten.

Im Einzelnen:

Braunkohle

24,6 Prozent (2010: 23,2),

erneuerbare Energieträger

19,9 (16,4) Prozent,

Steinkohle

18,7 (18,6) Prozent,

Atomkraft

17,7 (22,4) Prozent,

Gaskraftwerke

13,6 (13,8) Prozent,

sonstige Energieträger

wie Pumpspeicher, Hausmüll und andere 4,2 (4,3) Prozent.

Erneuerbare im Einzelnen:

Wind

7,6 (6,0) Prozent,

Biomasse

5,2 (4,4) Prozent,

Photovoltaik

3,2 (1,9) Prozent,

Wasserkraft

3,1 (3,3) Prozent,

Hausmüll

0,8 (0,8) Prozent. Der Strom aus Müllverbrennungsanlagen wird entsprechend seines Anteils an organischen Bestandteilen teilweise den Erneuerbaren zugerechnet.

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Prozentangaben sind gerundet und beruhen auf einer ersten Abschätzung. Bild: BDEW

Zu beachten ist, dass die Prozentangaben sich auf die Bruttostromerzeugung beziehen und also weder den Stromexport - in diesem Jahr dürfte der Exportüberschuss allerdings anders als in den Vorjahren ziemlich gering ausfallen - noch den Eigenbedarf der Kraftwerke berücksichtigen. Der Anteil der Erneuerbaren am im Inland verbrauchten Strom dürfte daher noch um einige wenige Prozentpunkte höher liegen.

Zur Erläuterung ein Blick auf das Vorjahr: 2010 betrug nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen die Bruttoerzeugung 621 Milliarden Kilowattstunden (KWh). Der Kraftwerkeigenverbrauch betrug beachtliche 37,5 Milliarden KWh. Oder mit anderen Worten: Rund ein Drittel des 2010 von erneuerbaren Energieträgern bereitgestellten Stroms wurde (rein rechnerisch) für den Betrieb von Kohle- und Atomkraftwerken verbraten.

Der BDEW macht darauf aufmerksam, dass "mit diesem erfreulichen Zuwachs der erneuerbaren Energien (...) auch ihre Verantwortung für das Funktionieren des Gesamtsystems" wächst, so die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung Hildegard Müller. Der Anteil an der Grundlast sei noch immer gering. Die Stromerzeugung erneuerbarer Energieträger habe 2011 im Monatsdurchschnitt um bis zu drei Milliarden Kilowattstunden geschwankt. Dies entspräche einem Viertel der durchschnittlichen "grünen" Stromerzeugung.

Der Verband schließt daraus, dass konventionelle Kraftwerke weiter vorgehalten werden müssen. Man könnte aus dieser Tatsache aber auch die Forderung nach vermehrtem Speicherbau und einem angepassten Verbrauchsmanagement ableiten.

Im BDEW sind rund 1800 Unternehmen zusammengeschlossen, darunter zahlreiche kommunale Stadtwerke, aber auch Branchenriesen wie E.on und RWE. Wegen Auseinandersetzungen um den Ausstieg aus der Atomkraftnutzung hatten letztere allerdings im Frühjahr ihren Austritt angedroht.

Der Präsident des Bundesverbandes Windenergie Hermann Albers sieht in den neuen Zahlen erwartungsgemäß einen Beleg für "die Erfolgsgeschichte der erneuerbaren Energien in Deutschland. Innerhalb weniger Jahre konnten sich die Erneuerbaren aus einer Nische heraus zum zweitwichtigsten Energieträger im deutschen Strommix entwickeln."

Man sei "auf einem guten Weg in Richtung der Umstellung unserer Energieversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien", wozu allerdings gehöre, dass der "dringend erforderliche Netzausbau" vorangetrieben werde. Außerdem fordert Albers eine Anpassung des Strommarktes an die neuen Erzeugerstrukturen, allerdings ohne dies weiter zu konkretisieren.