Auch abschalten, aber sofort!

Was Athen kann, ist hierzulande leider nicht möglich - ein Kommentar

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In Griechenland ist das Staatsfernsehen gestern kurzerhand abgeschaltet worden. Über Nacht ist der Bildschirm schwarz geblieben. Zu teuer, zu aufwendig, zu aufgebläht der Apparat, so die einfache und gewiss nicht falsche Begründung, die die Regierung Samaras liefert.

Gut zweieinhalbtausend Mitarbeiter verlieren deshalb ihre Arbeit. Die Gewerkschaften haben zum Ausstand ausgerufen. Wieder einmal, könnte man sagen. Vierundzwanzig Stunden soll gestreikt werden. Könnte das bei uns auch passieren? Das fragt der Tagesspiegel in seiner heutigen Ausgabe etwas frech und burschikos?

Die Begründung könnte eine ähnliche sein. Zu bürokratisch und träge, zu teuer und zu sehr von den Launen der Politik und vor allem den politischen Parteien abhängig, die sich das öffentliche Rundfunkwesen unter den Nagel gerissen haben. Hinzu käme, dass sich das deutsche Staatsfernsehen zunehmend von ihrem Auftrag, nämlich der Bevölkerung eine informationelle Grundversorgung zu bieten, längst verabschiedet hat und sich immer mehr, was Programme und Inhalte angeht, dem privaten Blödelfernsehen angenähert hat.

Nein, natürlich nicht, ist die beruhigende Antwort, die das Blatt prompt mitliefert. Illner und Tatort, heute-Journal und Panorama, Wetten dass...? und Jauch werden uns auch weiter erhalten bleiben und rund 7,5 Milliarden Euro pro Jahr verpulvern. Was in Athen möglich ist, kann hierzulande nicht passieren. Die Mitarbeiter des deutschen Staatsfernsehens, das sich über Zwangsgebühren und Werbung vor 20 Uhr finanziert, sind keine Beamte.

Dafür sorgt allein schon der Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien, kurz Rundfunkstaatsvertrag (RStV) genannt, den die sechzehn deutschen Bundesländer geschlossen haben und der ein bundeseinheitliches Rundfunkrecht schafft. Dieser Staatsvertrag verhindert, dass ARD und ZDF einfach abgeschaltet werden.

Zwar könnte ein Bundesland im Prinzip kündigen und aus dem Vertrag aussteigen. Für unbestimmte Zeit. Zum Beispiel Bayern, wenn sich die CSU wieder mal brüskiert vom ZDF fühlt. Aber das ist unwahrscheinlich. Eher fließt das Hochwasser der Donau flussaufwärts, als dass das passieren könnte.

Griechenland ist nicht überall, wie man zumindest in diesem Fall feststellen muss. Denn fehlen würde den meisten von uns gewiss nichts. Auf die Herren Simon und Delling, auf Marcus Lanz oder Frau Will, auf Herrn Kleber oder Herrn Gottlieb und den Quark, den sie so verbreiten, könnten wir gut und jederzeit verzichten. Auch auf die blöden Klamauk-, Quiz- und Kochsendungen, Ratgeberprogramme und nachmittäglichen Soaps für die Senioren in den Altenheimen, die alltäglich über die Kiste flimmern, würden wir sicherlich ebenso nicht vermissen.