Die spanische Arbeitslosigkeit erreicht einen neuen Rekord

Brüssel vertraut den Angaben aus Spanien immer weniger

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Die Vernichtung von Arbeitsplätzen in Spanien schreitet weiter mit großen Schritten voran. Nun sind auch nach Angaben des Arbeitsministeriums mehr als fünf Millionen Menschen im Land arbeitslos gemeldet. Weitere 60.000 Menschen haben offiziell im Februar ihren Job verloren. Da die europäische Statistikbehörde Eurostat am Freitag die Arbeitslosenquote in Spanien für Januar mit 26.2 Prozent bezifferte, liegt die Quote nun noch darüber. Nur in Griechenland ist sie mit 27 Prozent in Europa noch höher. Nach Eurostat sind schon 56 Prozent aller jungen Menschen in Spanien ohne Stelle und auch dabei ist die Lage nur in Griechenland noch schlechter. Unter jungen Menschen in Spanien hat die Arbeitslosigkeit besonders stark zugenommen. Ein Drittel der neuen Arbeitslosen ist keine 25 Jahre alt.

Eurostat verlässt sich ohnehin nicht auf die Daten des spanischen Arbeitsministeriums. Die Luxemburger Statistiker arbeiten nur mit Daten des Nationalen Statistikamts (INE). Das hatte schon zum Jahreswechsel schon 5,97 Millionen Arbeitslose ermittelt, weshalb es nun deutlich über sechs Millionen sind. Denn viele Menschen stehen nicht mehr in langen Schlangen vor den Arbeitsämtern an, weil sie keinerlei Leistungen erhalten. Sogar aus den ungenauen Zahlen des Arbeitsministeriums geht hervor, dass ein Drittel der bei Arbeitsämtern registrierten Arbeitslosen kein Geld mehr erhält. Läuft das Arbeitslosengeld in Spanien aus, gibt es nur in besonderen Fällen noch für sechs Monate ein Sozialgeld in Höhe von 400 Euro. Danach fallen die Menschen in den meisten Regionen durch alle Maschen des lückenhaften sozialen Netzes.

Obwohl immer mehr Betroffene kein Geld mehr erhalten, sind Vergleich zum Vorjahresmonat die Ausgaben im Januar um 2,6 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro gestiegen. Die Regierung hatte im Haushalt noch prognostiziert, sie würden um knapp 16 Prozent sinken. Dabei wirkt sich die steigende Arbeitslosigkeit nicht nur kostensteigernd aus, sondern es brechen zudem Einnahmen der Sozialkassen weg. Das Defizit in der Sozialversicherung wächst, womit es für Spanien immer schwieriger wird, die vereinbarten Defizitziele einzuhalten.

Zwar hat die Regierung das Haushaltsdefizit vergangene Woche für 2012 mit 6,7 Prozent beziffert, doch die EU-Kommission nimmt Madrid den Wert nicht ab. Brüssel wartet auf eine Bestätigung von Eurostat. Das ist verständlich, schließlich musste Spanien im vergangenen Jahr die Korrektur der Defizitkorrektur nochmals korrigieren.

Längst ist auch klar, dass das Defizit deutlich über den veranschlagten 6,7 Prozent liegen wird, denn die Regierung hat die 40 Milliarden Euro nicht eingerechnet, die Spanien vom europäischen Rettungsfonds für die Bankenrettung bisher erhalten hat. Die EU-Kommission vermutet deshalb, das Defizit habe real sogar bei etwa zehn Prozent gelegen. Da auch 2013 erneut bis zu 60 Milliarden Euro fließen können, erwartet Brüssel auch im laufenden Jahr ein ähnlich exorbitantes Defizit.

Als Ende Februar Währungskommissar Olli Rehn die Winter-Prognose für Wachstum, Defizite und Schuldenstand vorstellte, wurde deutlich, dass er den Konservativen in Spanien praktisch an keinem Punkt mehr glaubt. Hatte die Regierung prognostiziert, die Wirtschaft werde 2013 um 0,5 Prozent schrumpfen, erwartet Brüssel, dass es 1,5 Prozent werden, was die Arbeitslosigkeit weiter deutlich steigen lassen wird.

Auch der Präsident des Münchner Ifo-Wirtschaftsinstituts macht Spanien keine Hoffnungen auf baldige Besserung. Im Interview mit der Tageszeitung El País sagte Hans Werner Sinn, dem Land stünde noch eine Krisendekade bevor. Sinn vermutet aber, dass Spanien eine Zukunft innerhalb des Euros haben könne. Für Griechenland und Portugal glaubt er das nicht. "Griechenland ist in einer so hoffnungslosen Situation, dass es im Euro nicht mehr prosperieren kann." Die Auflagen aus Europa verurteilten eine Generation zur Arbeitslosigkeit. Portugal befinde sich "in einer ähnlichen Lage" wie Griechenland und habe ebenfalls keine Chance mehr im Euro.