Sohn von zwei biologischen Müttern

Ein israelisches Gericht kam angesichts neuer Reproduktionsverhältnisse bei einem lesbischen Paar zu einem wegweisenden Urteil

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Die Beziehungs- und Familienverhältnisse werden in einer postbiologischen, etwa durch Reproduktionstechnologien bestimmten Welt schwieriger. Das bringt nicht nur kulturelle Normen, sondern auch Rechtsordnungen durcheinander.

Transmänner, die sich geschlechtsangleichenden Operationen und Hormontherapien unterzogen haben, können beispielsweise als Männer wieder Mütter werden, wenn sie den Uterus behalten haben, aber Väter bleiben. Frauen können Mütter werden, auch wenn sie nur Eizellen künstlich befruchten und die Embryos in Leihmütter zum Austragen einsetzen ließen. Verlangt wird, ein weiteres Geschlecht jenseits von weiblich und männlich einzuführen und statt Mutter und Vater in Personalstandsregister und Ausweisen nur noch erstes und zweites Elternteil einzutragen. Samenspender können dutzendfache Väter werden, wenn auch meist in der Anonymität verbleibend und ohne Kontakt zu "ihren" Kindern. Es lassen sich Kinder auf später verschieben, die Embryonen kann man einfrieren und bei Bedarf wieder auftauen. Nämliches gilt für Samen und Eizellen, so dass die Frauen oder Männer schon tot sein können, wenn sie zu Mütter und Väter werden.

Ein neues Element hat nun ein lesbisches Paar in Israel ins Spiel gebracht. Mit der 2006 erlangten Erlaubnis des Gesundheitsministeriums wurde die Eizelle der einen Frau mit Spermien eines anonymen Spenders künstlich befruchtet und dann in den Uterus ihrer Freundin eingesetzt. Das ist nichts Ungewöhnliches. Aber nun wollten beide Frauen gleichermaßen als Mütter des 2007 zur Welt gekommenen Jungen anerkannt werden, schließlich hat die eine die Eizelle und die andere ihre Gebärmutter eingebracht. Unter denselben Umständen würde ein Mann, der seinen Samen gespendet hat, als Vater anerkannt werden und müsste nicht das Kind adoptieren. Daher stelle die Haltung des Innenministeriums eine Diskriminierung dar.

Bislang wird vom Innenministerium als Mutter nur die Frau als Mutter anerkannt, die das Kind ausgetragen hat. Der Freundin wurde dies verweigert, sie hätte nur einen Adoptionsantrag stellen können. Das war den Frauen, die offenbar gleichberechtigte Mütter sein wollten, zu wenig. Sie zogen vor das Familienministerium, obgleich die Genehmigung für die künstliche Befruchtung mit dem Hinweis gegeben wurde, dass automatisch nicht beide Frauen als Mütter anerkannt werden können und dass die Eispenderin nicht als Mutter gilt.

Das Familiengericht kritisierte nun diese Auflage für die Eispenderin, da diese mit dem Kind blutsverwandt sei, und gab der Klage recht. Eine Adoption würde dem Verstand und der gesunden Logik widersprechen. Im Urteil heißt es, dass nun die "spendende Mutter ihr Elternrecht erfüllen kann - ein grundlegendes Recht, das als natürliches Recht gilt, das von unserem Menschsein abgleitet ist". Zudem sei dies für das Kind besser, weil dieses mehr Rechte bekomme.

Bevor die Eispenderin offiziell als Mutter anerkannt wird, muss aber erst noch ein Sozialarbeiter prüfen, ob die Lösung mit zwei Müttern für das Kind wirklich besser ist. Nach dem Anwalt hat das lesbische Paar dem fünfjährigen Sohn die Geschichte seiner Empfängnis erzählt, er soll aber, wenig verwunderlich, Schwierigkeiten gehabt haben zu verstehen, um was der Prozess ging, würde sich aber freuen, seinen Namen auch auf dem Ausweis der Eispender-Mutter zu sehen. Wie er das sieht, wenn er älter ist, wird man abwarten müssen.

Allerdings hat das Paar noch Glück gehabt. 2011 wurde vom Gesundheitsministerium - der konservative Netanjahu hat sowohl das Amt des Regierungschefs als auch das des Gesundheitsministers inne -schon einmal verboten, dass Eizellen einer Frau in die Gebärmutter einer anderen eingepflanzt werden können. Ob das Verbot allerdings standhalten wird, darf bezweifelt werden.