"Wenn Sie so weitermachen, kommen Sie nie wieder heraus"

Affäre Mollath: Nicht nur der Schöffe Heinz Westenrieder empfand den Ton von Richter Brixner als befremdlich

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Wenn ein Richter brüllt, dann ist das potenziell kein gutes Zeichen für einen Rechtsstaat. Und es weckt unwillkürlich Erinnerungen an zeitgeschichtliche Aufnahmen. Damit sollte man Otto Brixner, den Richter, der Gustl Mollath in die Irrenanstalt schickte, sicherlich nicht vergleichen. Trotzdem haben sich mittlerweile mehrere Zeugen gemeldet, die der von ihm angelegte Ton gegenüber dem Angeklagten schockiert hat. In der vorletzten Woche ging der Schöffe Heinz Westenrieder an die Öffentlichkeit: Er schilderte, dass Mollath von Brixner mehrfach scharf zum Schweigen angehalten worden sei, als dieser anfing, von dem "Schwarzgeldkomplex" zu erzählen, und meinte, er habe er in keinem anderen Prozess einen solchen Ton erlebt, wie in dem Verfahren gegen den Whistleblower.

Von Seiten Brixners hieß es erst, er denke darüber nach, Westenrieder wegen dieser Äußerungen anzuzeigen. Das plant er nun anscheinend nicht mehr. Möglicherweise nicht zuletzt deshalb, weil auch andere Prozessbeobachter seine Behandlung Gustl Mollaths als bemerkenswert empfanden. "Wenn Sie so weitermachen", soll Brixner dem damaligen Prozessbericht der Nürnberger Nachrichten nach zu Mollath gesagt haben, "kommen Sie nie wieder heraus". Und die Altenpflegehelferin Concepcion Vila Ambrosio, die als Zuschauerin am Prozess teilnahm, schrieb dem Richter einen Brief, in dem sie ihm offenbarte, er haben sie wegen seines Zorns und seiner Unbeherrschtheit an einen Diktator erinnert.

Brixner ist allerdings weiterhin der Meinung, er habe Mollath "ordnungsgemäß behandelt" und "nichts zurückzunehmen". Letzteres begründet er unter anderem damit, dass es in dem Prozess gar nicht um Schwarzgeld gegangen sei. Das allerdings ist auch genau das, was die Kritiker des Verfahrens merkwürdig finden: Dass der Richter das mögliche Falschaussagemotiv der in die Schwarzgeldgeschäfte verwickelten Ehefrau anscheinend nicht prüfte. Währenddessen sitzt Gustl Mollath immer noch in der geschlossenen Anstalt, wo er über keinen Internetzugang verfügt. Eine Delegation der Piratenpartei will ihn morgen besuchen und sammelt dazu im Pad Fragen und Grußbotschaften, die sie dem Nürnberger übermitteln will.