Beschneidung - die Diskussion wird über Gerichte weitergeführt

Erste Anzeige in Bayern gegen einen Rabbiner

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Die Debatte über die Rechtmäßigkeit von Beschneidungen wird die Republik weiter verfolgen. Vorstellbar ist, dass sie bis nach Karlsruhe, ans Bundesverfassungsgericht, getragen wird. Sollte die Regierung im Herbst ein Gesetz erlassen, das - wie offensichtlich von einer großen Mehrheit der deutschen Parlamentarier gewünscht ( Die Beschneidung gesetzlich zulässig machen) -, Beschneidung von Jungen für zulässig erklärt, wenn sie "medizinisch fachgerecht, ohne unnötige Schmerzen" durchgeführt wird, dann ist mit einiger Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass das Bundesverfassungsgericht wegen eines Normenkontrollverfahrens angerufen wird.

Dass der Weg über Gerichte von Gegnern des religiösen Rituals in Anspruch genommen wird, um die Frage zu klären, inwiefern die Beschneidung eine Körperverletzung ist, zeigt das Beispiel der Anzeige eines Arztes, die in Hof eingegangen ist. Wie der Bayrische Rundfunk heute berichtet, bestätigte die Staatsanwaltschaft in Hof, dass eine Anzeige gegen einen Rabbiner eingegangen ist, der nach eigenen Angaben "bislang rund 3.000 Beschneidungen an Kindern und Erwachsenen durchgeführt" hat. Eine Beschneidung in Hof liege allerdings schon Jahre zurück, zitiert ihn der BR. Noch stehe allerdings laut dem leitenden Oberstaatsanwalt in Hof nicht fest, ob ein Ermittlungsverfahren gegen den Rabbiner aus Hof eingeleitet werde. Der Rabbiner soll erst durch den Rundfunk von der Anzeige erfahren haben und sie als "Antisemitismus" gewertet haben.

Stimmen die Informationen des BR, so handelt es sich bei dem Arzt, der die Anzeige erstattet hat, um einen der vielen hundert Unterzeichner des "offenen Briefes an die Bundesregierung“ zur Beschneidung. Darin wird eine Versachlichung der Diskussion gefordert - und von der Beschneidung als "(sexuelle) Gewalt gegenüber nicht einwilligungsfähigen Jungen" gesprochen. Herausgestellt wird in dem Brief das "erhebliche Leid", das den Jungen mit der Beschneidung zugefügt werde

"Mit religiösen Traditionen oder dem Recht auf Religionsausübung lässt sich dies nicht widerspruchsfrei begründen, zumal die Entwicklung der Kinderrechte in den letzten 300 Jahren in diesem Bereich nicht nur exklusiv den Mädchen zu Gute kommen kann. Denn das wäre mit dem Gleichheitsgrundsatz kaum zu vereinbaren."

Indessen ist nach gerichtsentscheidung-oberrabbiner-bei-beschneidung-kompromissbereit/70079565.html: Informationen der deutschen Financial Times der aschkenasische Oberrabbiner von Israel, Yona Metzger, mit einem "Kompromissvorschlag" auf dem Weg nach Berlin. Metzger will nach der von der Zeitung zitierten Aussage, dass die Beschneider (Mohel) künftig in einer Berliner Schule von deutschen Ärzten und Rabbinern ausgebildet werden. Sie sollen neben der theologischen Ausbildung auch einen medizinischen Grundkurs erhalten, um im Notfall erste Hilfe leisten zu können. Nach seiner Einschätzung soll der Schmerz bei der traditionellen Beschneidung am achten Lebenstag "minimal" sein. "Eine Spritze fügt dem Kind mehr Schmerzen zu als die Beschneidung selbst", wird der Oberrabbiner wiedergegeben. "Manche Beschneider würden aber verschiedene Puder und Sprays einsetzen, um lokal zu betäuben." Eine Beschneidung zu einem späteren Zeitpunkt, im Jugendalter, sei schmerzhafter und mit mehr Komplikationen verbunden.

Das wird nicht das letzte Wort in der Diskussion sein.