Stay Behind-Akten kommen auf den Richtertisch

Überraschung im Luxemburger Geheimdienst-Prozess

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Wie das Luxemburger Wort berichtet, nahm der seit Monaten tagende Prozess gegen zwei Polizisten, die wegen des Verdachts der Beteiligung an den geheimnisvollen Bombenattentate Mitte der 1980er Jahre in Luxemburg angeklagt sind, eine überraschende Wendung. So legte die Staatsanwaltschaft sieben beim Luxemburger Geheimdienst SREL sichergestellte Ordner vor, welche Dokumente zu Stay Behind enthalten. Zwei Jahrzehnte nach Bekanntwerden der Existenz von Stay Behind bzw. Gladio wäre es das erste Mal, dass eine Regierung der Öffentlichkeit bzw. Gerichtsöffentlichkeit offizielle Dokumente zugänglich macht.

Der aktuelle Chef des SREL, Patrick Heck, soll diese Dokumente auf eigene Initiative am 25.04.2013 freigegeben haben. Die Namen der noch lebenden Mitglieder von Stay Behind sowie Informationen zu ausländischen Geheimdiensten halten die Schlapphüte allerdings vorläufig zurück. Heck stand einer parlamentarischen Untersuchungskommission Rede und Antwort, die parallel zum Prozess die Vergangenheit des SREL aufarbeitet. Dort hatte Heck illegale Abhöraktionen des SREL eingeräumt.

Die Verteidiger der Angeklagten zeigten von der überraschenden Konfrontation mit den Ordnern im Gerichtssaal ungehalten und betonten, es handele sich um Dokumente, die vom offiziellen Sitz des Geheimdienstes stammten, dem nicht zu trauen sei. Der für sein Temperament bekannte Staranwalt Gaston Vogel bekam einen Wutanfall, seine Kollegin Lorrang kommentierte, man wisse noch nicht, "was sich in Ali Babas Grotte in Senningen" befände. Vorletzte Woche war die Existenz eines Back Up-Archivs des SREL im Schloss zu Senningen bekannt geworden. Der Prozess wird offenbar ausgesetzt, damit die Parteien die Akten analysieren können. Ursprünglich sollten demnächst Premierminister und Jean-Claude Juncker und seinem Vorgänger Jacques Santer als Zeugen vernommen werden. Für Anwalt Vogel, der aus seiner Verachtung für Politiker, Monarchie und Justiz keinen Hehl macht und landesweit als einer der größten Grantler gilt, wäre das zweifellos ein Fest.