Guttenberg für Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen durch das Militär

Opposition übt sich in Empörung, dabei war Position des Ministers längst bekannt

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"Offen und ohne Verklemmung" solle in der Sicherheitspolitik auf wirtschaftliche Interessen eingegangen werden, erklärte zu Guttenberg am Dienstag auf einer Sicherheitskonferenz in Berlin. Damit stellt sich der Verteidigungsminister ausdrücklich hinter den ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, der wegen einer ähnlichen Äußerung im Mai dieses Jahres zurückgetreten war.

Er hätte sich in dieser Frage mehr Rückhalt für Köhler gewünscht, erklärte zu Guttenberg und wurde sogar noch deutlicher als Köhler in seinem viel kritisierten Interview: "Der Bedarf der aufstrebenden Mächte an Rohstoffen steigt ständig und tritt damit mit unseren Bedürfnissen in Konkurrenz", machte der Minister seine Position deutlich.

Der Aufschrei der Opposition folgte prompt: Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, stellte klar, dass das Grundgesetz keine Wirtschaftskriege erlaube, sein Parteikollege Rolf Mützenich sprach von rückwärtsgewandter Politik "aus dem vorigen Jahrhundert". Omnid Nouripour (Grüne) legte zu Guttenberg indirekt den Rücktritt nahe. Der Minister solle prüfen, "ob sein Fokus als Verteidigungsminister der Verantwortung seines Amtes gerecht" werde.

Allerdings kommt diese Kritik spät, immerhin ist die Position zu Guttenbergs schon länger bekannt. Schon im Juni hatte er mit ähnlichen Worten auf dem Wirtschaftstag des Wirtschaftsrats der CDU erklärt, dass er an der Äußerung Köhlers "nichts Verwegenes und nichts Verurteilungswürdiges" finde – der Aufschrei allerdings blieb aus.

Ebenfalls keinen Aufschrei gab es bei der Aussprache im Bundestag zum Weißbuch der Bundeswehr 2006 ( "Abhängig von gesicherter Rohstoffzufuhr in globalem Maßstab"). Von Seiten der SPD beispielsweise lobte Rainer Arnold das Weißbuch ausdrücklich, da es "unsere Position und Konzeption in der Außen- und Sicherheitspolitik" beschreibe. Dabei gehört es laut dem Weißbuch zu den Zielen deutscher Sicherheitsinteressen, "den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstandes zu fördern". Die Kritik der Opposition an zu Guttenberg erscheint vor diesem Hintergrund als laut und von Umfragen motiviert, aber nicht als ehrlich.

Zu Guttenberg selbst dürfte, anders als noch Horst Köhler, durch seine Äußerung nicht beschädigt werden: Die Union ist auf den Glanz des ewigen Umfragesiegers angewiesen, sie wird den beliebten Minister stärker stützen als einst Köhler, der sich über mangelnde Rückendeckung beklagte.

Zudem sind die Kommentarspalten der Zeitungen auf seiner Seite. So lobt Der Westen den Verteidigungsminister dafür, dass er sich auf dieses "verminte Gelände" wagt, obwohl man dort nicht punkten könne. Und die FAZ jubiliert gar, dass die Zeit, in der die Sicherungsarbeit den Amerikanern überlassen werden konnte, nun vorbei sei. Allein mit Sonne und Wind könne man seine Bedürfnisse nun einmal nicht befriedigen, so der Kommentar.

Die Reaktionen machen auch deutlich, wie stark der Umgang der Presse mit einer Position von der dahinter stehenden Person abhängt. Militäreinsätze lassen sich mit dem smarten zu Guttenberg offenbar besser verkaufen.