Zwischen Steinaxt und RFID

In der indonesischen Provinz Papua sollen HIV-Träger elektronisch überwacht werden.

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In der indonesischen Provinz Papua soll Trägern des HI-Virus künftig ein Mikrochip eingepflanzt werden dürfen. Das meldete die indonesische Tageszeitung Jakarta Post.

Ein dafür geplantes Gesetz soll dem von der Zeitung zitierten Abgeordneten John Manangsang nach dazu dienen, die Bewegungen von Personen mit einem "aggressiven Sexualverhalten" zu überwachen. Stellt sich heraus, dass sich eine Person mit dem HI-Virus angesteckt hat, dann soll ein Bewegungsprofil helfen, dass die verantwortlichen Personen besser ermittelt und mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe belangt werden können. Allerdings wurden die "technischen und praktischen Details" dieses Plans der Meldung zufolge bisher noch nicht ausgearbeitet. Die von dem ebenfalls zitierten Abgeordneten Weynand Watari ins Spiel gebrachten handelsüblichen RFID-Chips dürften zumindest in ihrer passiven Form aufgrund der sehr geringen Reichweite nicht dafür geeignet sein.

Die Entscheidung, wer mit dem Chip versehen wird und wer die Überwachung durchführt, soll ein Komitee treffen, über dessen Zusammensetzung und Arbeitsweise noch nichts bekannt ist. Trotzdem befürwortet das Provinzparlament die Regelung angeblich. Stimmt es zu, dann könnte sie bereits nächsten Monat in Kraft treten. Die Provinzregierung war trotz mehrmaliger Anfragen ebenso wenig zu einer Stellungnahme über das Gesetzesvorhaben bereit wie die Botschaft der Republik Indonesien. Beide dementierten die mittlerweile auch von Nachrichtenagenturen aufgegriffene Meldung jedoch nicht.

Derzeit gelten geschätzte 290.000 der 235 Millionen Indonesier als HIV-Träger. In der autonomen Provinz Papua soll die HIV-Rate allerdings 15 bis 18,5 Mal so hoch liegen und rapide wachsen. Mit dafür verantwortlich sollen ritualisierte Sexualakte einiger Volksgruppen sein, welche die Verbreitung des Virus begünstigen.

Angesichts der wirtschaftlichen Situation und des technischen Entwicklungsstandes eines Großteils der Bevölkerung in diesem Landesteil wirkt der möglicherweise noch nicht ganz durchdachte Plan trotzdem relativ bizarr: Papua ist eine von zwei indonesischen Provinzen auf der aus dem holländischen Kolonialerbe übernommenen westlichen Hälfte der Insel Neuguinea. Die dort heimischen Völker unterscheiden sich körperlich und sprachlich stark von den Bewohnern der meisten anderen indonesischen Inseln. Häufig leben sie vom Jagen, Sammeln und einer mit Stein- und Holzwerkzeugen durchgeführten Landwirtschaft. Allerdings gibt es in der Provinz auch voll entwickelte Städte wie das etwa 200.000 Einwohner zählende Jayapura.

Indonesische Aids-Aktivisten sollen die Regelung scharf verurteilt haben – sie fordern stattdessen mehr Aufklärung und Kondome. Papua-Sprecher knüpften angeblich Parallelen zur Behandlung wilder Tiere, die mit ähnlichen Methoden ausgeforscht würden.

Dass Drittweltländer radikal erscheinende Maßnahmen gegen HIV erlassen ist nichts ungewöhnliches, allerdings gibt es häufig deutliche Unterschiede zwischen den Plänen und ihrer Umsetzung. In Lesotho wollte die Regierung mit die gesamte Bevölkerung über 12 Jahren auf HIV testen lassen. Tatsächlich wurden im Rahmen der 2005 gestarteten Kampagne "Know Your Status" (KYS) von 1,3 Millionen geplanten Personen aber nur etwa 25.000 auf das Virus untersucht.