Zentrales Energieministerium zur Rettung der dezentralen Energiewende?

Grüne, Verbände und die neue "Fraktion für Bürgerenergie" im Bundestag wollen eine einzige verantwortliche Stelle und den Erhalt der Bürgerbeteiligung an der Energieversorgung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Noch gut in Erinnerung sind das Kompetenzgerangel und die Scheingefechte der Minister Röttgen und Rössler, die am Anfang der Demolierung der Energiewende standen. Dem wollen jetzt unter anderem die Grünen im Falle eines Wahlsiegs durch die Bündelung aller Kompetenzen in einem Energieministerium ein Ende bereiten. Und für den Fall, dass sie Königsmacher spielen dürfen, erheben sie auch gleich Anspruch auf das Ressort.

Doch mittlerweile gibt es in allen Fraktionen - außer der FDP - Fürsprecher für das Konzept eines zentralen Energieministeriums. Positiver Nebeneffekt: das Gerangel um Zuständigkeiten könnte wegfallen und es gäbe eine Institution, die im positiven Falle den Energiewandel erfolgreich begleitet - oder, wenn weiter so dilettiert wird wie bisher, dafür verantwortlich gemacht werden kann.

Angela Merkel vertröstet auf den Sanktnimmerleinstag, sie könne sich erst 2022 nach dem Atomausstieg vorstellen, die Energiepolitik in einem Ressort zu bündeln. Doch CSU-Kollegin Gerda Hasselfeld plädiert seit langem dafür, dass die Energiewende ohne eine Bündelung der Aktivitäten in einem Ministerium nicht umzusetzen sei. Auch Peer Steinbrück kündigte eine einzelne Anlaufstelle an.

Die Mitarbeiter dafür müssten gar nicht neu eingestellt werden, sondern könnten aus den bisherigen Umwelt- und vor allem dem aufgeblähten Wirtschaftsministerium abgezogen werden. Deswegen, und wegen des damit verbundenen Machtverlusts, schweigt sich die FDP zu dem Thema bisher aus. Ist doch gerade sie die treibende Kraft hinter der Demontage der Energiewende.

Doch über alle Parteien hinweg hat sich gestern die neue "Fraktion für Bürgerenergie" vorgestellt. Bisher haben 440 Abgeordnete und Bundestagskanididaten deren Charta unterzeichnet. Die Kernforderungen sind:

  1. Die Energiewende weiter mit ambitionierten Zielen voranzutreiben
  2. Den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz gezielt steuern
  3. Die Energiewende zum weltweiten Vorbild und Erfolg machen
  4. Die dezentrale Energiewende mit und durch die Bürgerinnen und Bürger stärken
  5. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als „Bürgerenergiegesetz“ weiterentwickeln
  6. Um- und Ausbau des Stromnetzes für die dezentrale Energiewende
  7. Die Effekte der lokalen Wertschöpfung nutzen
  8. Die Ausnahmeregelungen für die Industrie beschränken
  9. Mehr Bürgerbeteiligung und demokratische Kontrolle bei Planungen und Investitionen
  10. Die Rolle der Energieverbraucher stärken

Die Unterzeichner befürchten, dass Vertreter der bisherigen Energiewirtschaft den notwendigen Wandel ausbremsen. Sie plädieren deshalb für eine Energiewende in Bürgerhand, denn ihr bisheriger Erfolg basiere auf verschiedenen Säulen des bürgerschaftlichen Engagements, vor allem von kommunalen Akteuren die sich seit Jahrzehnten für den Atomausstieg und eine regionale Energieversorgung einsetzen und dem regionalen Mittelstand.

Hans-Josef Fell rechnete vor, dass Privatbürger, Genossenschaften und Stadtwerke gemeinsam bisher über 90 Prozent der Investitionen in die erneuerbare Energieversorgung getragen haben, die Großkonzerne dagegen nur 7 Prozent. Der BUND befürchtet, dass das private Engagement nach der Wahl verhindert werden soll, denn alle Modelle, die für die Zeit nach der Wahl angekündigt worden sind, würden darauf hinauslaufen, dass nur noch mitmischen soll, wer viel Kapital im Rücken hat und ein hohes Risiko tragen kann. Doch die treibende Kraft hinter der Energiewende sei das Engagement der Bürger und das soll erhalten bleiben.