Europäischer Gerichtshof soll Vorratsdatenspeicherung erneut prüfen
Der Bevollmächtigte der über 34.000 Teilnehmer an der "Massenklage" gegen die verdachtslose Protokollierung der Nutzerspuren hat beantragt, dass das Bundesverfassungsgericht den Fall dem EuGH vorlegen soll.
Meinhard Starostik, Bevollmächtigter der über 34.000 Teilnehmer an der "Massenklage" gegen die hiesigen Auflagen zur Vorratsdatenspeicherung, drängt auf einer erneute Prüfung der Vereinbarkeit der verdachtslosen Protokollierung der Nutzerspuren mit europäischem Recht. Dieses Mal soll der zuständige Europäische Gerichtshof (EuGH) aber die Menschen- und Grundrechte ins Auge nehmen, nachdem er Anfang Februar allein die rein formale Basis der entsprechenden EU-Richtlinie bestätigt hatte. Starostik hat daher an das Bundesverfassungsgericht den Antrag (PDF-Datei) gestellt, den Fall zum Abgleich mit der Europäischen Menschenrechtskonvention dem EuGH vorzulegen.
Zur Stützung der Auffassung, dass die Vorratsdatenspeicherung das europäische Grundrecht auf Achtung der Privatsphäre verletzt, verweist der Bevollmächtigte unter anderem auf ein Urteil des EuGH von Anfang Dezember. Darin hat dieser die "flächendeckende und unterschiedslose Natur der Befugnisse zur Vorratsspeicherung der Fingerabdrücke, Zellproben und DNA-Profile" Verdächtiger als "unverhältnismäßigen Eingriff" bezeichnet. Im Vergleich dazu schneide die pauschale Aufbewahrung von Telekommunikationsdaten quantitativ und qualitativ noch stärker in die Grundrechte ein.
Im Hauptsacheverfahren in Karlsruhe weist Starostik zudem die Behauptungen des Bevollmächtigten der Bundesregierung zurück, wonach die Verfassungsbeschwerde unbegründet sei. So spricht er etwa von einem "dreifach verschärften Grundrechtseingriff", da flächendeckend die gesamte Bevölkerung ohne Tatverdacht erfasst werde und aus den geforderten Daten "Informationen über unser tägliches Kommunikations-, Informations- und Bewegungsverhalten" hervorgehen würden. Staaten mit Vorratsdatenspeicherung weisen der Erwiderung nach zudem weder eine erkennbar höhere Aufklärungs- noch eine niedrigere Kriminalitätsrate auf, als Staaten ohne anlasslose Protokollierung von Verbindungs- und Standortdaten.
Siehe dazu auch:
- Europäischer Gerichtshof bestätigt Rechtsgrundlage für Vorratsdatenspeicherung
- Widerstand im Bundesrat gegen Entschädigung für TK-Überwachung
- Bundesregierung hält sich bei der Vorratsdatenspeicherung für unangreifbar
- Bundesregierung wirft Gegnern der Vorratsdatenspeicherung "systematische" Fehler vor
- 25C3: Hacker demonstrieren gegen die Vorratsdatenspeicherung
- Bundestag beschließt neue Entschädigung für TK-Vorratsdatenspeicherung
- Einspruch gegen gerichtliche Einschränkung der Vorratsdatenspeicherpflicht
- Internetrechtler: Vorratsdatenspeicherung dient dem Schutz der Menschenwürde
- Weg frei für Entschädigung für Vorratsdatenspeicherung
- FDP: Vorratsdatenspeicherung nicht begründet
- Provider bei der Vorratsdatenspeicherung zwischen allen Stühlen
- Sachsen-Anhalts Justizministerin zweifelt am Nutzen der Vorratsdatenspeicherung
- Karlsruhe begrenzt erneut den Zugriff auf TK-Vorratsdaten
- Schäuble: Kritik an Vorratsdatenspeicherung "unberechtigt"
- EU-Generalanwalt bestätigt Rechtsgrundlage für Vorratsdatenspeicherung
- Veranstalter der Großdemo gegen den Überwachungswahn fordern politische Konsequenzen
- Zehntausende demonstrieren für "Freiheit statt Angst"
- Gericht: TK-Anbieter muss Vorratsdatenspeicherung voraussichtlich nicht umsetzen
- Bundesverfassungsgericht verlängert Schranken bei Vorratsdatenspeicherung
- Bundesregierung legt erste Zahlen zur Nutzung der TK-Vorratsdaten vor
- Telekom bei Vorratsdatenspeicherung im Plan
- Datenschützer werfen Report München Meinungsmache für Vorratsdatenspeicherung vor
- Umsetzungswirren bei der Vorratsdatenspeicherung
- Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung beantragt
- Bundestag verwirft Petition gegen Vorratsdatenspeicherung
- EU-Liberale kontra Vorratsdatenspeicherung: "Ihr habt Rechte, nutzt sie!"
- Verhandlungen zur Vorratsdatenspeicherung in Luxemburg und Dublin
- Grüne gegen neue Varianten der Vorratsdatenspeicherung
- ver.di: Vorratsdatenspeicherung schränkt Koalitionsfreiheit ein
- Internetwirtschaft fordert Verzicht auf Vorratsdatenspeicherung
- Forsa-Umfrage: Vorratsdatenspeicherung beeinflusst Telefonierverhalten
- Journalisten-Verband fordert Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung
- Bürgerrechtler gehen gegen EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vor
- Verfassungsgerichtsentscheidung zur Vorratsdatenspeicherung sorgt für Konfusion
- Bundesverfassungsgericht schränkt Vorratsdatenspeicherung ein
- 34.443 Klageschriften gegen die Vorratsdatenspeicherung
- Bundesrat segnet Vorratsdatenspeicherung ab
- Bundestag verabschiedet Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und TK-Überwachung
- Neue Regeln zur Überwachung der Telekommunikation
Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:
(Stefan Krempl) / (pmz)