Paralleluniversen ohne Datenschutz - T-Kom und Co.

Außer Kontrolle

Fast ist man erstaunt, wenn einen Tag lang keine Daten"problematik" der Magentafarbenen das Licht der Medien erblickt. Die derzeitigen Lösungen sind eine rührende Mischung aus Hoffnung, Naivität und Aktivismus.

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Nutzerdaten, auf die unbefugt Zugriff genommen wurde, bespitzelte Vorstandsmitglieder, bespitzelte Angestellte... die T-Kom erweist sich mehr und mehr als Wurm mit Apfel statt umgekehrt. Dass der neue "Datenschutzvorstand" mit eben den Vorfällen betraut war, die er nun verhindern soll, ist da schon fast keine Überraschung mehr. Auch der politische Aktivismus - der von der Aufnahme des Datenschutzes ins Grundgesetz spricht (als ob dies notwendig wäre nachdem Rechte wie die informationelle Selbstbestimmung durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe bereits Verfassungsrang geniessen), von höheren Bussgeldern (solange diese nicht verhängt werden, dürfte es egal sein, wie hoch sie sind) oder von neuen Gesetzen - erinnert nur an hilfloses Flattern im Hühnerstall wenn der Fuchs sich zeigt.

Grosse Konzerne haben sich längst in ihrem eigenen Paralleluniversum der Macht eingerichtet; hier können sie schalten und walten wie sie wollen und hier stellen insbesondere Rechte wie Privatsphäre oder Datenschutz keine Hürden dar sondern sind Randnotizen (bestenfalls) auf den Aufträgen, die an Detekteien und Co. gehen. Wohlwissend, dass von politischer Seite der Datenschutz systematisch aufgeweicht bzw. ignoriert wird, denkt man sich auch hier "Na und? Was möglich ist, wird umgesetzt." Und dies ist logischerweise bei einem Provider, der so private Daten wie Verbindungsdaten speichert, eine Menge. Die Vorgabe, dass alles, was möglich ist, auch realisiert werden sollte, ist letzen Endes auch eine politische Vorgabe. Längst spielen Datensparsamkeit oder Verhältnismässigkeit bei all den kleinen und grossen Eingriffen in die Privatsphäre keine Rolle mehr, werden von Scheinargumenten wie "Terrorismusbekämpfung" oder "Steuerehrlichkeit" zur Seite gefegt. Bei den Konzernen ist es eben nicht die innere Sicherheit sondern die Konzernsicherheit, sind es keine Terroristen sondern Whistleblower, die man zu finden versucht und die "das grosse Ganze" gefährden.

Eingebettet in dieses Paralleluniversum ist das Unrechtsbewusstsein bei den Konzernen gleich Null, wird höchstens dann aus dem verstaubten Wandschrank gekramt, wenn das eigene Verhalten in die Medien gelangt und einen kurzen Aufschrei provoziert, der für Einschalt- und Lesequoten sorgt. Die "Probleme" bei der T-Kom, bei Lidl und Co. sind eine logische Folge von dem, was Politiker vorgeben und vorleben. Dass ausgerechnet die Politik jetzt hofft, mit ein paar Alibigesetzen, die ebenso wenig beachtet werden würden wie die jetzigen, an dieser Situation etwas zu ändern während sie selbst schon die Finger nach den nächsten Datenhalden ausstreckt, ist absurd und bestensfalls naiv. Doch Naivität unterstellen viele diesen Politikern schon lange nicht mehr sondern allenfalls einen Kotau vor der Wirtschaft - nicht zuletzt durch das ewig wiedergekäute Argument der "möglichen Abwanderung", des "möglichen Arbeitsplatzabbaues" begründet wurden allzu oft alle Augen zugedrückt. Die unendliche Geschichte mag weitergehen, nicht nur bei der T-Kom, ein Happy-End ist allerdings nicht in Sicht.