12.000 Zivilisten vor Armeetribunalen angeklagt

Ägypten: Der Militärrat macht den Mubarak

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Das hatte man sich im Jubel über Mubaraks Rücktritt und den Sieg der "ägyptischen Revolution" so nicht vorgestellt: Seit dem 28. Januar verhaftete das Militär - nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch 12.000 Zivilisten, die vor ein Militärgericht gebracht wurden.

"Das ist mehr als die gesamte Anzahl der Zivilpersonen, die unter der 30-jährigen Herrschaft von Hosni Mubarak vor ein Militärgericht gestellt wurden, und das untergräbt den Übergang Ägyptens von einer Diktatur zu einer demokratischen Regierung."

Der Militärrat könne diese Verhandlungen mit einer Order beenden, so Joe Stark, Vizechef der Abteilung Naher Osten und Nordafrika von Human Rights Watch. Die HRW-Zahlen basieren auf Angaben, die General Adel Morsy vom obersten Militärrat (Supreme Council of the Armed Forces - SCAF) bei einer Pressekonferenz am 5. September veröffentlicht hat. Demnach verhandelten Militärgerichte im Zeitraum zwischen dem 28. Januar und dem 29. August 11.879 Fälle von Zivilisten. 8.071 wurden verurteilt, in 1.836 Fällen für eine Bewährungsstrafe entschieden, bei weiteren 1.225 Fällen steht die Bestätigung des Urteils durch das Militär noch aus.

Auch dass der Militärrat in jüngster Zeit Eingriffe in die Pressefreiheit vornimmt, wie man sie zu Zeiten des Mubarak-Regimes erwartet hätte, ist bedenklich: Lizenzen für neue Satelliten-Nachrichtenkanäle wurden laut SCAF vergangene Woche eingefroren. Am Wochenende wurde der TV-Sender al-Jazeera teilweise an der Berichterstattung gehindert, weil Behörden die Büroräume von "Al-Jazeera Egypt" durchsuchen ließen und den Betrieb geschlossen hatten. Begründet wurde die Maßnahme laut Informationen von Nachrichtenagenturen mit "sowing dissent" und "calling for demonstrations". Die Arbeit des al-Jazeera Büros in Kairo blieb allerdings von der Maßnahme verschont, auch Al-Jazeera International konnte wie bisher berichten.

Beobachter bewerten die Maßnahme gegen Al Jazeera Live Egypt, das erst nach den Aufständen gegründet wurde und sich durch seine Berichterstattung über Demonstrationen "einen Namen gemacht hatte", als Teil eines größeren Crackdowns.