Machtspiele um die Frauenquote

Wie eine Frage, die nur wenige betrifft, die innenpolitische Debatte der letzten Tage dominierte

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Die schwarz-gelbe Regierungskoalition hat heute im Bundestag den Oppositionsvorstoß für eine Frauenquote in Aufsichtsräten abgelehnt. Die Redner der Regierungsparteien und der Opposition haben sich dabei gegenseitig Versagen vorgeworfen.

Während die Frauenquote von 320 Abgeordneten abgelehnt wurde, stimmten 277 dafür. Es gab eine Enthaltung - nicht von Ursula von der Leyen, sondern von Siegfried Kauder. Dass diese Abstimmung in den letzten Tagen eine so große innenpolitische Debatte auslöste und sogar die Stabilität der Koalition kurzzeitig in Gefahr gesehen wurden, liegt vor allem am beginnenden Bundestagswahlkampf. Davon war die gesamte Debatte bestimmt. Die Opposition aus Grünen und SPD war bei mehreren Landtagswahlen erfolgreich und hat so auch im Bundesrat eine Mehrheit. Sie steht aber vor dem Problem, dass trotz aller Erfolge die Merkel-Regierung scheinbar unangefochten ist und nach letzten Umfragen sogar für die gegenwärtige Regierungskonstellation wieder eine Mehrheit möglich werden könnte.

So muss die Opposition versuchen, alle Bruch- und Streitpunkte in der Koalition auszunutzen. Die Frauenquote in Aufsichtsräten eignet sich dazu gut. Der von SPD und Grünen dominierte Bundesrat hat sich für eine Frauenquote von 20 Prozent im Jahr 2018 ausgesprochen, die im Jahr 2023 auf 40 Prozent steigen soll. Während vor allem die FDP die Quote als Eingriff in das Privateigentum interpretiert und davon vom Wirtschaftsflügel der Union unterstützt wird, entdecken jüngere Politiker in der Union die Frauenquote durchaus als geeignetes Mittel, das auch von der Wirtschaft propagierte Ziel umzusetzen, Frauen als Ressource zu entdecken und zu nutzen.

Zur Wortführerin dieser Strömung hatte sich in den letzten Wochen die Arbeitsministerin Ursula von der Leyen entwickelt. Ihre Gegenspielerin ist Bundesfamilienministerin Kristina Schröder. Nach wochenlangem Streit hat sich die Union nun dazu durchgerungen, ab 2020 eine Frauenquote von 30 % zu fordern. Bis dahin soll die zurzeit praktizierte Flexiquote gelten. Dafür haben die schnelleren Quotenbefürworterinnen bei der Union zugesichert, nicht mit der Opposition zu stimmen. Diese Zusage hat, wie sich heute zeigte, die Probe auf das Exempel bestanden.

Eigentlich ein Luxusproblem

Dass sich zwei Ministerinnen mit Karriereoptionen streiten und das Ganze noch zu einer Gewissensfrage erklärt wird, bestimmte die innenpolitische Debatte der letzten Tage. Dabei geht es eigentlich um ein Luxusproblem für wenige Frauen. Für die Mehrheit der weiblichen Beschäftigten in Deutschland wird durch eine solche Frauenquote in den Aufsichtsräten der DAX-Konzerne nichts ändern. Eine Frauenquote in Aufsichtsräten ist genauso wenig ein Ausdruck für allgemeine Frauenemanzipation, wie eine Greencard für indische IT-Experten an der Diskriminierung von migrantischen Beschäftigten etwas ändert. So hatte die heutige Debatte und Abstimmung vor allem den Zweck, dass die beiden Lager sich noch mal gegenseitig vorwerfen konnten, zu wenig für Karrierefrauen zu machen und nur das eigene Lager zusammen zu halten.