Kinder in der Fukushima-Präfektur gehören nun zu den fettleibigsten in Japan

Vermutet wird, dass sie aus Angst vor der radioaktiven Belastung nicht genügend draußen spielen und Sport treiben können

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Die Japaner haben sich mehrheitlich trotz verbreiteter Skepsis gegenüber der Atomenergie nach nur dreijähriger Unterbrechung wieder für die konservative Liberaldemokratische Partei LDP entschieden. Erwartet wird von dieser vor allem, dass sie die Wirtschaft wieder in Gang bringt, was sie allerdings zuvor auch nicht geschafft hat. Aber das Misstrauen in die Demokratische Partei war wohl zu groß, die LPD wurde allerdings vor allem aus Protest, nicht aus Überzeugung gewählt.

Die LDP, die das Land auf Atomkurs gebracht hat, will zwar so schnell wie möglich wieder die als sicher erklärten Reaktoren hochfahren, zögert aber noch, weil die Widerstände doch groß sind. Allerdings könnte es sein, dass die beiden einzigen Reaktoren, die nach dem Fukushima-Unglück wieder ans Netz gehen konnten, abgeschaltet werden müssen. Die Atomsicherheitsbehörde NRA begann am Freitag, ein zweites Mal das AKW Oi zu prüfen, weil der begründete Verdacht besteht, dass unter dem AKW aktive Verwerfungen verlaufen. Sollte dies festgestellt werden, müssten die Reaktoren 3 und 4 wieder abgeschaltet werden. Nach einer ersten Überprüfung wurde zwar eine aktive Spalte F-6 bestätigt, umstritten ist aber noch, ob sie nicht das Ergebnis von Erdrutschen sein könnte.

Dass die Menschen weiter Angst vor der durch das Fukushima-Unglück verursachten Strahlung haben, macht ein Bericht des Bildungs- und Wissenschaftsministeriums über den Gesundheitszustand der japanischen Kindergarten- und Schulkinder im Alter von 5 bis 17 Jahren deutlich. Danach wurde ein "alarmierender Trend" zur Fettleibigkeit bei Kindern festgestellt, die in der Fukushima-Präfektur leben. Bei den 5-9-jährigen Kindern findet man hier landesweit den größten Anteil, bei den 10-11-jährigen den zweitgrößten. 2011 wurde wegen der Katastrophe das Gewicht nicht gemessen, gegenüber den Daten aus dem Jahr 2010 hat sich der Anteil der sechsjährigen fettleibigen Jungen von 6,2 auf 11,4 Prozent fast verdoppelt. Waren sie vor zwei Jahren noch landesweit an neunter Stelle gelegen, so fanden sich jetzt hier am meisten fettleibige Jungen in dieser Altersgruppe. Auch den bei den achtjährigen Mädchen hat sich der Anteil der Fettleibigen von 8,1 Prozent auf 14,61 Prozent erhöht. Die 10-11-Jährigen in der Miyage-Präfektur und die 16-Jährigen in der Iwate-Präfektur haben ebenfalls den größten Anteil an Fettleibigen.

Vermutet wird, dass die Kinder deswegen so dick werden, weil sie sich kaum bewegen und meist zuhause oder in ihren nach dem Unglück bezogenen Unterkünften bleiben müssen. Die Eltern fürchten, dass Spielen oder ein längerer Aufenthalt im Freien die Kinder wegen der Kontamination gesundheitlich gefährden könnte. Und die Furcht dürfte desto höher sein, je jünger die Kinder sind. Auch die Schulen haben aus diesem Grund die Aktivitäten der Kinder im Freien begrenzt. Die Präfektur hat nach dem Umglück angewiesen, dass Grundschüler sich täglich nicht länger als drei Stunden im Freien aufhalten sollen, was allerdings für sportliche Aktivität leicht ausreichen würde, sollte man meinen. Im September wurde, nachdem die Schulhöfe weitgehend dekontaminiert wurden, die Anweisung in 90 Prozent der Schulen aufgehoben. Da die Gewichtsmessungen zuvor durchgeführt wurden, könnte es durchaus sein, dass die Kinder sich seitdem wieder mehr draußen bewegen und vielleicht an Gewicht verlieren. Die Schulbehörde plant trotzdem Maßnahmen, um den Trend zur Fettleibigkeit zu stoppen. So sollen etwa "Sportexperten" an die Grundschulen geschickt werden.