Endspurt um das Berliner Stromnetz

Das Volksbegehren zur Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes zittert sich dem Stichtag 10. Juni entgegen.

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In einem Punkt konnte Peter Altmaier bei der Bühnendiskussion auf dem Berliner Umweltfestival am Samstag dann doch punkten: Er hatte gerade Genossenschaftsanteile beim Berliner-Energietisch gezeichnet und damit - dem Schweigen nach zu schließen - den anwesenden Sprechern der anderen Parteien etwas voraus. Schön wäre, wenn er jetzt auch noch die Unterschriftenliste für das Volksbegehren im Bundestag rumgehen ließe. Denn von den erforderlichen 200.000 Unterschriften fehlen noch immer knapp 17.000 - und es bleiben nur noch 3 Tage bis zum Stichtag.

Einen Schub hatte man sich am letzten Wochenende von den Besuchern des Berliner Umweltfestivals und den Teilnehmern der Fahrradsternfahrt zum Brandenburger Tor erhofft. Wegen der sintflutartigen Regenfälle klappte das aber nicht ganz. Immerhin kamen weitere 1.368 Unterschriften zusammen. Dabei ist die Zustimmung zum Projekt bei den Berlinern eigentlich sehr hoch – sie müssten nur auch aktiv werden. Bei einer Forsa-Umfrage sagten 50 Prozent dass sie bei einem Stadtwerk in öffentlicher Hand mit niedrigeren Preisen rechnen. 62 Prozent der befragten wahlberechtigten Berliner sagten, dass sie die Forderungen des Energietischs unterschreiben würden.

Das wären dann 1,5 Millionen Unterschriftswillige. Auffällig ist, dass die Zustimmung bei den Älteren über 45 Jahren bei 70 Prozent liegt, bei den 18- bis 29-Jährigen dagegen nur bei 47 Prozent. Weil sie die Zeit, als die Stadt noch von den kommunalen Betrieben Bewag und Gasag mit Strom und Gas versorgt wurde, gar nicht mehr kennen? Auch die Vattenfall-Preiserhöhung um 13 Prozent zum Jahreswechsel scheint fürs erste anscheinend schon wieder vergessen.

Aber aktiv werden ist angesagt, denn die Chance, das Berliner Stromnetz zurückzukaufen und wieder ein eigenes Stadtwerk aufzubauen, kommt so bald nicht wieder. Fällt das Netz bei der anstehenden Neuvergabe wieder an einen Energiekonzern oder eines der mitbietenden Investorenkonsortien, dann läuft der Konzessionsvertrag für weitere 20 Jahre und das würde weitere 20 Jahre Stillstand bei der kohlelastigen Stromversorgung und Abfließen der Gewinne aus der Stadt bedeuten. Unterschreiben kann man an vielen Plätzen und in den Bürgerämtern. Wer mag, kann auch selber zum Unterschriftensammler werden und sich die Liste dazu hier runterladen.

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