George Orwell wird von der Realität überholt

NSA-Spionagenetz soll 2013 komplett sein und nicht nur weitgehend alle US-Kommunikationsdaten speichern, sondern diese bald auch entschlüsseln können

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Schon bisher dürfte zwar kaum jemand daran gezweifelt haben, dass die US-Geheimdienste eifrige Datensammler sind und dabei wenig Rücksicht auf die eigene Verfassung oder die Gesetze anderer Staaten nehmen. Geht es aber nach Wired, dann sind die US-Behörden bei ihrer Jagd nach der totalen Kontrolle der Telekommunikation wesentlich weiter als gemeinhin angenommen.

So werde derzeit in Bluffdale im US-Bundesstaat Utah eifrig an einer Anlage gebaut, die 2013 in Betrieb gehen und den Behörden als zentrale Speichereinheit dienen soll. Das unter der Kontrolle der National Security Agency (NSA) stehende "Utah Data Center" sei das letzte Stück eines komplexen Systems, das in den letzten zehn Jahren entwickelt wurde und fast alles können soll, was sich ein Geheimdienst nur wünschen kann. Es soll die gesamte Kommunikation, die über Satelliten, Überseekabel oder zentrale US-Switches der großen Telekomanbieter läuft, abfangen, speichern, entschlüsseln und analysieren. Die Eröffnung des 2-Milliarden-Dollar-Projekts ist für September 2013 ankündigt. Der Kongress hat 2008 den Telcos bei einer Teilnahme Immunität garantiert.

Betroffen seien u.a. private Emails, Handy-Telefonate, Google-Abfragen sowie alle persönlichen Datenspuren wie Online-Käufe und -Zahlungen, die vollinhaltlich gespeichert werden und dann jederzeit nach Stichworten, Kontakten oder Ähnlichem abgefragt werden können. Damit werde de facto das "total information awareness"-Programm der Bush-Administration ( Totale Überwachung) realisiert, das nach einem Aufschrei der Öffentlichkeit 2003 vom Kongress legal verhindert, anscheinend aber doch weiterverfolgt wurde ( NSA erweiterte heimlich die Überwachung der US-Bürger).

13580_1.jpg

Kern des stark befestigten Hochsicherheitskomplexes sind vier Serverräume mit 2322 Quadratmetern, die das Pentagon ihrem 2007 geäußerten Fernziel, ein Yottabyte (eine eins mit 24 Nullen) an Daten speichern zu können, erheblich näher bringen soll.

Allerdings stehen dort nicht die banalen Alltagsdaten im Vordergrund, sondern insbesondere die Kommunikation, die verschlüsselt übertragen wird. Zwar sollen die US-Behörden laut Wired noch weit davon entfernt sein, die aktuellen 256-bit-Verschlüsselungsprogramme zu dechiffrieren, allerdings arbeiten sie an der Entwicklung neuer Hochleistungscomputer, die es möglich machen sollen, bald die älteren 128er Codes und irgendwann auch die moderneren zu knacken, was die verschlüsselten Daten sukzessive zugänglich machen könnte.