Lüge, Wahrheit, Propaganda: "Enten" im Syrienkrieg

Ein Kommentar zur Diskussion über einen Militärschlag gegen das Assad-Regime

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Vergangenen Dienstag veröffentlichte Telepolis den Beitrag Giftgaseinsatz durch Rebellen in Ghouta? Sehr schnell wurde der Vorwurf erhoben, die Nachricht sei einer "Ente".

Die Tatsache, dass diese Meldung der dominanten Sichtweise zuwiderläuft, macht sie grundsätzlich verdächtig. Dennoch soll an dieser Stelle nicht die Stichhaltigkeit der verschiedenen Informationen gegeneinander abgewogen werden, um dann zu einem Urteil kommen, was denn Wahrheit und was Propaganda sei. Das ist an anderer Stelle schon zu genüge getan worden.

Leider ist es so, dass besonders wenn sich die Öffentlichkeit wieder einmal auf Krieg einstimmt, eine sachliche Debatte nur schwer geführt werden kann. Skeptiker laufen Gefahr, als antiamerikanisch bezeichnet oder in die Nähe von Verschwörungstheoretikern gerückt zu werden.

Wenn ich mich hier auf die Seite der Skeptiker stelle, dann beziehe ich mich auch, aber nicht in erster Linie auf die Frage, wer für den Einsatz von Giftgas verantwortlich zu machen ist. Für beide Seiten gibt es mehr oder weniger ernstzunehmende Belege. Letztendliche Beweise sind bis heute jedoch schwer zu erbringen.

Allerdings erscheint die Diskussion darüber, wer denn nun Chemiewaffen eingesetzt hat, wie ein Nebenkriegsschauplatz bzw. als Teil der Propaganda selbst. Denn würde es wirklich um den Schutz von Menschenleben gehen, müsste der Westen, anstatt Krieg zu führen, zunächst auf die Vorschläge Russlands eingehen. Von den hiesigen Medien fälschlicherweise als kompromisslos dargestellt, schlägt die Delegation Putins vor, Druck auf Assad auszuüben, wie auch gleichzeitig die Unterstützung der Rebellen zu unterbinden. Ein durchaus vernünftiger Vorschlag.

So hat Assad in der Vergangenheit den Aufständischen immer wieder Straffreiheit angeboten, wenn diese ihre Waffen niederlegen. Die Rebellen lehnen Verhandlungen jedoch ab, solange der Westen in Aussicht stellt, sie notfalls zum Sieg zu bomben.

Da allem Anschein nach mehrere an dem Bürgerkrieg teilnehmende Gruppen massive Verbrechen, wie Massaker an der Zivilbevölkerung, begangen haben, würde ein einseitiges "Bestrafen" Assads keinen Sinn machen. Es wäre kaum zu rechtfertigen, eine Regierung an die Macht zu bringen, an deren Händen Blut klebt. Eine Ausdehnung des Krieges auf Luftschläge hingegen würde zu noch mehr Opfern führen.

Darüber hinaus ist es unglaubwürdig, einen Krieg aufgrund des Einsatzes von Giftgas führen zu wollen. So wurde vor kurzem erneut bekannt, dass die USA in den 80er Jahren den damaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein aktiv und wissentlich dabei unterstützt haben, die Bevölkerung des Iran mit Giftgas anzugreifen ( Der Irak, die USA und die Massenvernichtungswaffen). Hussein selbst wurde für den Massenmord durch Chemiewaffen hingerichtet. Der damalige US-Präsident Ronald Reagan hingegen wurde nie bestraft und konnte als freier Mann im Jahre 2004 eines natürlichen Todes sterben.

Auch für den Fall, dass Assad kein Giftgas eingesetzt hat, sind seine Methoden der Aufstandsbekämpfung sicherlich brutal. Dennoch verübten auch die Mitglieder der Kriegskoalition wie die USA (siehe Lateinamerika, Irak, Afghanistan, Jemen, Indonesien etc.), Frankreich (Algerienkrieg) oder Israel (Palästina) in der Vergangenheit ungestraft Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das vordergründig kriegsunwillige Deutschland verkauft Waffen und Spionagetechnik an Diktaturen in aller Welt (siehe z.B.: Saddam Hussein und die Bundestagsdrucksache AZ V B4-296-92-VS).

Wenn wir aus dieser Perspektive also über "Enten" diskutieren, sollten wir uns wohl eher mit der Frage beschäftigen, wieso sich die westlichen Staaten seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion immer wieder in neue Kriege stürzen. Dabei weiß ich nicht, welcher Journalist oder Geheimdienst diese Meldung in Welt gesetzt hat. Die Geschichte mit den Menschenrechten oder dem Schutz von Zivilisten müsste man aber doch noch einmal sauber nachrecherchieren.