Welches Geschlecht brauchen Roboter?

Roboterdesign und Stereotypen

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Gender-Stereotypen sitzen tief, sie finden auch auf menschenähnliche Entitäten Anwendung. Der anthropomorphen Roboterkopfes FloBi dient Bielefelder Wissenschaftlern seit einiger Zeit als Forschungsplattform zum Verständnis sozialer und emotionaler Aspekte von Interaktion. Die Bielefelder Forscher haben nun Studenten Bilder von Köpfen zweier neuer Roboter vorgelegt ( Studie). Die beiden Gesichter unterschieden sich nur durch die Haarlänge und Lippenform. Die Wissenschaftler wollten überprüfen, was schon Fritz Lang ahnte: Geschlechter-Vereinfachungen greifen nicht nur bei menschlichen, sondern auch bei Maschinen-Gesichtern.

Tatsächlich führte bei den Probanden der weibliche Roboterkopf mit langem Haar und vollen Lippen zum sofortigen Anwurf von weiblichen Stereotypen: fürsorglich, umgänglich, einfühlsam. Die männlichen Gesichter wurden dagegen mit Attributen wie dominant, organisiert und souverän belegt.

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Die in der Studie vorgelegten Roboterköpfe unterschieden sich nur marginal. Bild: Frank Hegel

Obwohl das Studiendesign der Autoren Friederike Eyssel und Frank Hegel explizit klar stellte, dass es sich um eine Bewertung von Objekten handelt, die lediglich eine moderate Ähnlichkeit zu Menschen aufweisen, wandten die männlichen und weiblichen Testpersonen die Stereotypen stark an. In einem zweiten Schritt konnten den Robotern auch typische Aufgaben zugesprochen werden, für welche diese gut geeignet wären. Den männlichen Maschinen wurden handwerklich-technische Tätigkeiten empfohlen, den weiblichen Kinderbetreuung, Altenpflege und Haushaltsarbeit.

Hinter der Studie steht die Frage, wie man humanoide Roboter zukünftig gestaltet, damit Menschen mit ihnen optimal interagieren. Studienautor Frank Hegel will nun genauer erforschen ob Roboter aufgrund typisierter ästhetischer Formen auch entsprechend der Stereotypisierung behandelt werden. In der sozialen Robotik steht das Nutzer-Roboter Interface im Vordergrund, zentrale Konzepte sind Sozialität und Emotion. Ein Ziel ist, das Designer und Entwickler von Robotern implizite Bedienungsanleitungen durch Stereotypen vermitteln und Erwartungshaltungen von Benutzern hinsichtlich der Interaktion einlösen.

Bisher werden dafür vor allem anthropomorphe Roboter entworfen. Die Menschenähnlichkeit führt allerdings, glaubt man den Studien, nicht linear zu mehr Vertrautheitsgefühlen. Bei zu großer Ähnlichkeit schwindet die Glaubwürdigkeit beim Menschen gegenüber dem Roboter und es treten Fremdheitsgefühle auf. Wie genau sich dies bei männlichen und weiblichen Robotern verhält ist weitgehend unerforscht, die Studie von Eyssel und Hegel wirft ein erstes Licht. Die körperliche, vor allem aber kulturelle basierte Geschlechterdifferenz spielt im Bewusstsein der Menschen eine zentrale Rolle. Noch scheint die Genderforschung das junge Feld des humanoiden Roboterdesigns kaum zu beobachten. Und noch existiert kein Markt für sozial-anthropomorphe Roboter, schon funktionsbedingt ist die menschliche Körperform für Roboter nicht immer von Vorteil. Gleichwohl bleibt interessant, welche geschlechtsspezifischen Erwartung eine zukünftige Roboterindustrie erfüllen will.