Verrückte Männer, die sinnlos herumspringen

Somalia: Islamisten verbieten das Betrachten von Fußballspielen im Fernsehen. Wer trotzdem einschaltet, muss ins Gefängnis

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Alle vier Jahre, zu jeder WM, kommt aus Somalia die gleiche groteske Nachricht: Islamisten verbieten das Betrachten von Fußballspielen. Bei Nichtbefolgung droht Gefängnis. Die abergläubischen Eiferer der Hizbul Islam sollen zuletzt Dutzende von fußballinteressierten Fernsehschauern festgenommen und eingesperrt haben, meldet die New York Times heute. Allein am vergangenen Wochenende wurden 25 Menschen vor ihren TV-Geräten zuhause verhaftet, so ein Zeuge gegenüber der Zeitung.

Meldungen der letzten Tage, die davon berichteten, dass am Samstag Männer erschossen wurden, die in ihren Häusern das Spiel Argentinien gegen Nigeria ansahen, konnten laut New York Times noch nicht bestätigt werden. Der Sprecher der Hizbul Islam hat angeblich alle somalischen Jugendlichen gewarnt, keine Fußballspiele anzusehen. In der FAZ wird er mit den Worten zitiert: "Es ist Zeitverschwendung, verrückten Männern beim Auf- und Abspringen zuzusehen."

Laut amerikanischen Medien folgt das Verbot eher militärischen Gründen: die jungen Soldaten der Miliz, die gegen Regierungstruppen kämpfen, sollen nicht abgelenkt werden. Schon 2006 hatten Islamisten in Mogadischu ein WM-Fernsehverbot mit drastischen Strafen verhängt (siehe Stecker raus!), die Regierung hob das Verbot später wieder auf. Mitte April machten Islamisten in Somalia mit einem Ultimatum auf sich aufmerksam - Radiosendern sollten das Abspielen von Musik einstellen. Beinahe alle Stationen sollen dieser Drohung gefolgt sein:

"Lediglich ein Sender der von den USA unterstützten (aber faktisch weitgehend machtlosen) Regierung und ein Uno-Radio spielen noch Musik. Drei Stationen, Shabelle, Tusmo und Horn Afrik senden seitdem neben ihren Wortbeiträgen Material aus ihren Geräuscharchiven: Tierlaute, Meeresrauschen - und natürlich das landestypische Gewehrfeuer." (siehe: Indirekte Gewehrfeuerquote)