Wie man ein Interview (nicht) erst zu- und dann absagen sollte

Außer Kontrolle

Christopher Lauers Absage eines Interviews mit Rundfunk Berlin Brandenburg wirft Fragen auf.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Christopher Lauer von der Piratenpartei Deutschland polarisiert. Der innen- und kulturpolitische Sprecher der Berliner PP-Fraktion ist nicht nur durch seine offene Art, mit seinem Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) umzugehen, eine Person, die umstritten ist - auch seine Ansichten über Transparenz und seine Verhaltensweisen führen nicht dazu, dass er "Everybody's Darling" ist.

"Christopher hat früh erkannt, wie wichtig Pressearbeit ist", wird Oliver Höfinghoff zitiert, doch es stellt sich nunmehr die Frage, ob Christopher Lauers Erkenntnis auch bedeutet, dass er weiß, wie Pressearbeit funktioniert. Der Umgang mit dem Rundfunk (hier stand irrtümlich Radio statt Rundfunk, dies wurde korrigiert) Berlin Brandenburg (RBB) jedenfalls wirft eher Fragen auf, als dass er sie beantwortet. RBB und Christopher Lauer, dies sei vorab gesagt, haben so etwas wie "eine Geschichte."

In seinem Blog schreibt Christopher Lauer denn auch deutlich, was er z.B. vom Format "Klartext" des RBB hält und warum.

Das sogenannte Investigativmagazin "Klartext" des RBB ist so investigativ, dass es bereits während der Recherche zu einem Beitrag über die Piratenfraktion eine Vorankündigung über diesen Beitrag veröffentlicht, der den tendenziösen Charakter der Berichterstattung des Magazins unterstreicht […]

Klartext ist eine von den Sendungen, wo man als Zuschauer suggeriert bekommt, hier gingen die Redakteure ganz tief, bis dahin wo es wehtut. Die Dinge, über die halt sonst keiner berichten will. […]

Die Piraten kamen schon zwei oder drei mal bei Klartext vor, ich wurde zweimal von der Redakteurin Iris Marx interviewt. Die Gespräche laufen immer nach dem selben Muster ab: Es werden eine halbe Stunde oder länger aggressiv immer wieder dieselben Suggestivfragen gestellt, am Ende wird das denkbar dümmste Zitat in einen tendenziösen Bericht geschnitten.

Dass Herr Lauer kein großer Fan des RBB ist, liegt insofern nahe. Die Art und Weise, wie nunmehr aber ein Interview mit dem RBB eben nicht zustandekam, ist, dezent gesagt, unglücklich gelaufen und zeugt mehr von dem Drang, sich selbst zu beweisen, denn von der Erkenntnis, wie wichtig Pressearbeit ist.

Der RBB hatte Christopher Lauer kontaktiert, um ein Interview mit ihm zu führen. Herr Lauer sagte zu, stellte aber einige Bedingungen. So wollte er das Interview selbst mitfilmen, um es dann ungeschnitten und ungekürzt veröffentlichen zu können. Der RBB stimmte den Bedingungen zu. Auch Ort und Zeit des Treffens waren ungewöhnlich – 5.30 Uhr morgens in einer Tankstelle nahe der Berliner Messe. Auch hier sagte der RBB zu und ließ sich ebenso dazu überreden, die Fragen des Interviews vorab an Herrn Lauer zu übermitteln. Ungewöhnliche Rahmenbedingungen für ein Interview, welche im allgemeinen wohl eher mit einem "Dann lassen wir es" beantwortet worden wären und dafür sprechen, dass der RBB hier bereit war, trotz dieser Absurditäten das Interview zu führen und somit den Piraten mediale Aufmerksamkeit zu ermöglichen. Doch Christopher Lauer sagte ab. Wie der RBB sagt, habe es zuvor einige Mails von Christopher Lauer gegeben, in welchen er sich im Ton vergriffen habe, was Herr Lauer jedoch auf Anfrage bestreitet.

Da niemandem diese Mails vorliegen (außer den Beteiligten), lässt sich dies nicht nachprüfen, von einer Veröffentlichung der Mails sieht Herr Lauer ab, interessant ist jedoch die Begründung für die Absage des Interviews. Weder persönliche Gründe noch Terminschwierigkeiten waren hier Anlass für die Absage, sondern vielmehr eine geringe Wertschätzung des RBB bzw. der agierenden Journalistin.

Auf die Frage, warum er das Interview abgesagt habe, antwortete Christopher Lauer wie folgt:

Weil ich eine Journalistin, die auf die Bedingungen eingeht, die ich in diesem Fall gestellt habe, nicht ernst nehmen kann. Jede ernst zu nehmende Journalistin hätte mir einfach gesagt "Herr Lauer, Sie haben einen Knall" und das wärs dann gewesen.

Dies mag für den einen oder anderen als lustige Anekdote erscheinen, doch in Bezug auf die Pressearbeit hinterlässt diese Art und Weise, mit einer Journalistin umzugehen, eher den Eindruck, als habe sich hier jemand gerne selbst beweisen wollen, ohne dabei zu bedenken, wie sich ein solches Verhalten auch im Hinblick auf die Partei im allgemeinen auswirkt. Es hinterlässt den Eindruck eines Menschen, der eher seine eigene Coolness oder Genialität zu Schau stellen, denn im Sinne einer Partei/Interessensvertretung handeln will. So mancher Journalist dürfte sich nunmehr fragen, inwiefern denn Interviewzusagen bzw. vorherige Absprachen mit Herrn Lauer sich überhaupt als sinnvoll erweisen oder nicht auch nur erneut eine Art "Test" darstellen - gerade in der heutigen Zeit, in der Zeit oft Geld bedeutet, stellt sich die Frage, wer die Zeit dafür aufwenden möchte herauszufinden, ob er nun tatsächlich ein Interview bekommt oder auch nur als Testperson behandelt wird.

Update

Christopher Lauer war so freundlich, mich noch einmal zu kontaktieren und einige Aspekte klarzustellen. Daher möchte ich diese Klarstellung diesem Artikel noch beifügen:

Ich habe kein Problem mit "dem RBB". Erst gestern Abend stand ich in der Nachrichtensendung RBB-Aktuell dem Moderator Raiko Thal Rede und Antwort
Auch gebe ich Kollegen vom RBB Hörfunk regelmäßig O-Töne, auch zu kritischen Themen mit Bezug auf die Piratenfraktion im AGH. Die Zusammenarbeit mit dem RBB gestaltete sich stets fair und kollegial.

Ich habe tatsächlich nur ein Problem mit dem Format "Klartext" und der Mitarbeiterin Iris Marx.

Ich habe grundsätzlich wenig Probleme mit Journalisten, abgesehen vielleicht von Bild und BZ, mit denen ich nicht aktiv spreche. Es geht in diesem Fall wirklich wirklich nur um Iris Marx vom RBB. Ich habe mich zwei mal ihren Fragen gestellt, es hat mir als Erfahrung gereicht, es nicht noch ein Drittes Mal machen zu müssen.