Energiepolitik: Die Grünen stellen sich selbst ein Bein

Effizientes Gaskraftwerk verhindert und dafür ein neues Kohlekraftwerk bekommen.

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Effizientes Gaskraftwerk verhindert und dafür ein neues Kohlekraftwerk bekommen. Tübingens grüner Bürgermeister Boris Palmer sprach sich in einem offenen Brief für die Beteiligung der Stadt am Südweststrom-Kohlekraftwerk aus. Er bricht damit ein Tabu innerhalb seiner Partei und widerspricht der offiziellen Programmatik. Bisher gilt: Atomausstieg ist bis 2020 mit konsequentem Energiesparen und erneuerbaren Energiequellen möglich. Anstatt des jetzigen Kohlekraftwerkes war ürsprünglich der Bau eines effizienteren Gaskraftwerkes in Wertheim am Main geplant. Das Vorhaben scheiterte jedoch im Herbst 2006 an einem Bürgerentscheid der unter Federführung des energiepolitischen Sprechers der Grünen Hans-Josef Fell den Bau ablehnte. Erst danach begann die Neuplanung und Suche nach einem Kohlekraftwerksstandort.

Die Stadtwerke Tübingen sind zusammen mit 60 weiteren Stadtwerken am Neubau des Kohlekraftwerkes in Brunsbüttel beteiligt. Der Grund, so Palmer, sei, dass Stadtwerke mit ihrem bisherigen Geschäftsmodell, dem Stromeinkauf und Weiterverkauf - ohne eigene Produktion, kaum noch Geld verdienen können, da die Durchleitungsgebühren nach den Konzentrationsprozessen und Preissteigerungen jetzt von der Bundesnetzagentur stärker kontrolliert werden. Deshalb steigen Stadtwerke wieder in die Eigenproduktion ein.

"Wir können uns die ambitionierten Ökologieprojekte nur leisten, wenn wir auch von den Gewinnen im Strommarkt ein Stück abbekommen. Atomkraft scheidet für uns aus, die Option Gas wurde uns aus der Hand geschlagen, mit Erneuerbaren und KWK ist kaum Geld zu verdienen. Es bleibt uns also nur die Beteiligung an einem Kohlekraftwerk."

Noch am Samstag hatte der kleine Parteitag der Landesgrünen eine Resolution beschlossen, nach der die geplanten Kohlekraftwerke in Mannheim, Karlsruhe und eben das in Brunsbüttel als Klimakiller abgelehnt werden. Palmer hält dagegen: "Wenn eine alte Anlage mit einem Wirkungsgrad von 30 Prozent abgeschaltet und durch eine neue mit einem Wirkungsgrad von 48 Prozent ersetzt wird, dann spart das 18 Prozent Energie und Kohlendioxid ein." Palmer zu den Ereignissen: "Das zeigt sehr deutlich: Einen Kraftwerksneubau zu verhindern ist kein Ersatz für eine konsistente Energiepolitik. Entscheidend ist, was an Stelle des verhinderten Kraftwerks gebaut oder eingespart wird."