Landgericht Berlin weitet Urheberrecht auf Briefmarken aus

Weil eine Loriot-Erbin klagte, darf Wikipedia den Eintrag über den Karikaturisten Vicco von Bülow nicht mehr mit Postwertzeichen illustrieren

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In einem erst jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 27. März (Az. 15 O 377/11) gab das Landgerichts Berlin dem Ansinnen einer Erbin des im letzten Jahr verstorbenen Fernsehkomikers und Karikaturisten Vicco von Bülow nach, die von ihm gestaltete Briefmarken aus der Online-Enzyklopedie Wikipedia verbannt sehen wollte.

Bislang ging man davon aus, dass Postwertzeichen als vom Bundesfinanzministerium herausgegebene "amtliche Werke" unter den § 5 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) fallen und deshalb ohne besondere Lizenz abgebildet werden dürfen. Das Landgericht Berlin sieht diesen Paragrafen in seinem Urteil aber als "nicht einschlägig" an, weil Briefmarken seiner Ansicht nach nicht "im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme […], sondern zum allgemeinen Gebrauch im Geldverkehr herausgebracht" werden.

Die von der Erbin ebenfalls bemängelte Wiedergabe eines Autogramms mit Bülows Pseudonym "Loriot" sah das Gericht dagegen weder als Verstoß gegen Urheber-, noch gegen Persönlichkeitsrechte. Durch die Abbildung der sechs Buchstaben habe das "fortwirkende Lebensbild des verstorbenen Vicco von Bülow keine schwerwiegende Entstellung erfahren" und die "Zugänglichmachung des Schriftzuges im Zusammenhang mit der Wiedergabe der Biographie und des Schaffens des Künstlers im Rahmen der Online-Enzyklopädie" überschreitet nach Ansicht des Landgerichts "den von Art. 5 GG geschützten Bereich der Informationsfreiheit nicht".

Ob das Gericht diese Sorgfalt bei der Wertung grundgesetzlich geschützter Rechtsgüter auch hinsichtlich einer Abbildung der Briefmarken an den Tag legte, ist umstritten. Das Fachportal Telemedicus spricht in diesem Zusammenhang von einer "im Ergebnis unbefriedigenden" Entscheidung und verweist auf eine Formulierung des Bundesverfassungsgerichts, die sich "kaum damit vereinbaren" lässt:

"Mit der Veröffentlichung steht ein Werk nicht mehr allein seinem Inhaber zur Verfügung. Vielmehr tritt es bestimmungsgemäß in den gesellschaftlichen Raum und kann damit zu einem eigenständigen, das kulturelle und geistige Bild der Zeit mitbestimmenden Faktor werden."