EU-Finanzmarktsteuer kommt wohl doch nicht

Der Alleingang zur Einführung einer europäischen Finanzmarktsteuer stößt erwartungsgemäß auf Widerstand in Brüssel

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Eigentlich war es gar nicht anders zu erwarten, schaute man sich den merkwürdigen Beschlüsse des EU-Gipfels im Juni zu Einführung einer Finanzmarktsteuer an. Zwar wurde in vielen Medien damals vermeldet, dass ein "Alleingang bei der Finanztransaktionssteuer" geplant sei, doch im Abschlussdokument nur lediglich davon gesprochen, dass die in Brüssel unbeliebte Abgabe "erforscht" und "geprüft" werden solle. Verbindlichkeit sieht anders aus.

Nachdem man sich beim der G-20-Gipfel nicht auf die Maßnahme einigen konnte, war eigentlich klar, dass sich Brüssel davon distanzieren dürfte. Alles deutet nun darauf hin, dass Brüssel die Steuer kippen will. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass über sie eben nicht viel Geld in die EU-Kassen gespült werden, wie inzwischen auch schon gefordert wurde. Offiziell hat die EU-Kommission schon bestätigt, dass sie erhebliche Vorbehalte gegen das Instrument hat.

Das Handelsblatt berichtete gestern allerdings schon über einen noch unveröffentlichten Bericht von EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta, wonach Brüssel sich schon in die Front der Neinsager eingereiht habe. Die Steuer könne "beträchtliche unerwünschte Effekte" haben, wird das Papier zitiert. Die Steuer drohe die Finanzierungskosten für Unternehmen und Regierungen in die Höhe zu treiben, schreibt das Handelsblatt mit Bezug auf den Bericht von Semeta.

Der Kommissar befürchte, dass die Finanzierungskosten für Unternehmen und Regierungen in die Höhe zu getrieben würden und die Aktivität an den Finanzmärkten zurückgehen könnte. Das führe zu einer sinkenden Zahl von Finanzmarktgeschäften und damit werde es für an den Börsen schwieriger, Abnehmer für die Produkte zu finden. Das führe letztlich "zu mehr Kursvolatilität".

Angeführt wird auch eine ungleiche Verteilung der Steuerlast. Je öfter die Wertpapiere gehandelt würden, umso höher sei die Besteuerung. Aktien großer Unternehmen hätten mit vielen Anteilseignern eine höhere Steuerlast zu tragen. Zudem sei keineswegs garantiert, dass die Steuer nur Spekulanten und wohlhabende Anleger treffe, schließlich müssen sie auch von Pensionsfonds und Lebensversicherungen entrichtet werden und die Kosten erhöhen.

Die EU-Finanzminister wollen bei ihrem Treffen in der nächsten Woche über die eine Finanzmarktsteuer beraten. Doch angesichts der Ablehnung aus Großbritannien, Schweden und der Niederlande dürfte es kaum noch eine Chance geben, dass die Abgabe nach der Prüfung beschlossen wird. In Deutschland wird damit das Defizit weiter steigen. Schließlich hatte der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, nachdem der öffentliche Druck die Regierung dazu bewegt hatte, die Maßnahme zu beschließen, um die Spekulation einzudämmen, längst Einnahmen in Milliardenhöhe eingeplant. Also stehen bald weitere Kürzungen an anderen Stellen an, schließlich zieht ab 2011 die nun im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Dabei dürfte die Bundeskanzlerin insgeheim genauso frohlocken wie die Liberalen, schließlich waren sie eigentlich stets gegen die Abgabe, wie sie noch kurz vor der Einführung zum Besten gab.