"Ich habe heute etwas sehr Bewegendes erlebt"

Bundespräsident Gauck besucht Benedikt

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Der eine darf, der andre nicht: Gauck, das deutsche Staatsoberhaupt, hat zwar eine Frau (zumindest hypothetisch), die war aber nicht mit im Vatikan. Dort traf Gauck den Papst. Der darf als oberster Glaubensmann keine Frau haben. Das ist schade, aber nicht biblisch. Petrus, auf den alle Päpste sich seit je berufen, war nämlich ein verheirateter Apostel. Die Bibel spricht ganz unmissverständlich von dessen Schwiegermutter (Matthäus 8:14).

Wie dem auch sei – beide, Gauck und Benedikt, sind von ihrem Treffen beschwingt. Ob da Theologie im Spiel war, weiß keiner so genau. Gauck ist ja selber ein Kirchenlicht, ein Schriftkundiger. Das hat er mehrfach schon bewiesen. Als einstmaliger DDR-Bürger und obendrein als protestantischer Pfarrer. Ein geborener Oppositioneller. Und er ist zudem auch Deutscher, sehr gelobt wurden jetzt in Rom die guten bilateralen Beziehungen. Der Glaube könne Diktaturen überwinden. Au weia, hätte man das bloß 1933 schon gewußt.

Nürnberger Lebkuchen

Wanderstab, Autobiografie und eine große Dose Nürnberger Lebkuchen waren mit im Gepäck. Die bekommt der Papst. Der erwidert wacker mit seinem Jesusbuch, Teil 3, und legt noch ein Bild vom Petersdom und eine päpstliche Medaille obendrauf. Damit der Gauck auch später noch weiß, bei wem er eigentlich zu Besuch war. Hinterher auf dem Petersplatz meint der teutonische Pilger vielsagend: "Ich habe heute etwas sehr Bewegendes erlebt."

Wie man liest, hat Gauck verschiedene Gräber und Gruften besucht. So zum Beispiel die Ruhestätte von Johannes Paul II, Benedikts Vorgängerpapst. Dort dachte Gauck an den Kommunismus, also an das Ende davon. Dann war er noch an einer Marmorplatte, wegen Europa und der Krönung Karls des Großen. Und nicht zuletzt am Grab Petri. Der Bundespräsident berührte hier den Fuß von Petrus, natürlich nur den von der Statue. Der echte Petrus liegt vermutlich gar nicht im Vatikan, das ist höchst umstritten.

Gepflegte Konversation

Beide, römischer Papst und Berliner Staatsmann, waren sich darin einig, dass es absolut wichtig ist, den Menschen in der Krise zu erklären, wie heilbringend die "Idee Europa" ist. Das kann Gauck - nebenbei der Nachfolger von Herrn Wulff - auch gut, denn er ist selbst eine Art Apostel, ein Freiheitsapostel. Und darum geht es ja, um die Freiheit. "Ängste vermindern unsern Mut", das hat er mal gesagt. In seiner Antrittsrede. Da trifft er den Kern, da wissen die gebeutelten Abendländer ein Lied von zu singen.

Wird Gauck etwa der nächste Papst? Das weiß im Moment wieder keiner so genau. Vermutlich könnte das nicht klappen, wegen der Religion. Der Gauck müßte zuerst mal katholisch werden. Dann auch noch Kardinal. Und danach sieht es im Augenblick nun wirklich nicht aus. "Wir haben unser tiefes Wissen geteilt, dass die Welt etwas verliert, wenn sie Gott verliert." Das Statement zum Abschied ist dafür grundehrlich, das heißt nicht nur diplomatisch gemeint. So aus Gründen purer Höflichkeit. Jedermann weiß, dass Protestanten gern denken. Deutliches Anzeichen: Der Name Habermas soll während der Privataudienz in Benedikts Bibliothek gefallen sein.

Wen das nicht hoffen lässt.