Mord an einem Enthüllungsjournalisten

Der Leiter des Asia Times-Büros in Pakistan, Syed Saleem Shahzad, wurde ermordet aufgefunden. Unter Verdacht steht auch der pakistanische Geheimdienst ISI

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Als das weltweit gefährlichste Land für Journalisten hat Reporter ohne Grenzen erst kürzlich erneut Pakistan bezeichnet. Gestern wurde Sayed Saleem Shazad, Büroleiter der Asia Times in Pakistan, tot aufgefunden, mit Folterspuren in Gesicht und am Körper, in Mandi Bahauddin, etwa 100 Kilometer von der Hauptstadt Islamabad entfernt.

Der immer wieder mit Insider-Informationen überraschende, investigativ arbeitende Journalist, dessen Arbeit und ungewöhnliche Einsichten auch in Telepolis-Artikeln oft erwähnt wurden, verfügte über brisante Kontakte in jener obskuren Zone, wo sich Geheimdienste, Armee, Taliban, al-Qaida und andere militante Gruppen tummeln. Möglicherweise, so deuten Journalisten, der pakistanische Autor Mohammed Hanif, ein Vertreter der Human Rights Watch und auch, wenn auch zurückhaltender, die Asia Times an, ist der pakistanische Geheimdienst ISI in dem Fall verstrickt.

Shahzad soll, so sein Arbeitgeber, öfter Warnungen von Mitgliedern der Inter-Services Intelligence (ISI) erhalten haben. Da sein letzter Artikel eine Spur weiterverfolgte, die Verflechungen zwischen der pakistanischen Armee und al-Qaida an den Tag brachte ( TTP, al-Qaida oder alles ISI in Pakistan?), spekuliert Ali Dayan Hasan von Human Rights Watch, sich auf verlässliche Quellen berufend, dass Shahzad von ISI-Mitarbeitern entführt worden war. Shazad war am Sonntag verschwunden. Er sollte an diesem Abend in Islamabad an einer Talk-Show teilnehmen.

Im ersten Teil seiner Enthüllungen über die Hintergründe zu dem Anschlag auf die Marinebasis Mehran in Karatschi, der letzte Woche für weltweite Schlagzeilen sorgte, berichtet Shahzad von al-Qaida-Zellen in pakistanischen Marineeinheiten, die in Karatschi stationiert sind. Von diesen Gruppen seien Anschlagspläne offenkundig geworden, weshalb sie vom Geheimdienst der Marine verhaftet worden waren - "der Beginn eines Riesenärgers", wie dies eine anonyme Quelle aus Kreisen der Marine gegenüber Shahzad berichtete.

Al-Qaida-Vertreter forderten die Freilassung. Ihren Ärger zeigte die Organisation angeblich mit Anschlägen auf Busse der Marine im April. Der Ärger soll, unter dem Vorwand einer Racheaktion für die Tötung Bin Ladens, auch dazu geführt haben, dass die Marinebasis PND Mehran überfallen wurde. Die Frage, wie die Militanten in die angeblich schwer bewachte Militärbasis eindringen konnte, beantwortete Syed Saleem Shazad auf seine typische Art: Sie wurden mit Insider-Informationen versorgt.

"Within a week, insiders at PNS Mehran provided maps, pictures of different exit and entry routes taken in daylight and at night, the location of hangers and details of likely reaction from external security forces."

Weitere Fragen kann Shahzad leider nicht mehr beantworten.

Siehe dazu das Telepolis-Interview mit Shahzad von 2008:
"Islamabad wird immer schwächer und die Taliban werden immer stärker"