Neue Leiche aus Steinbrücks Keller aufgetaucht

Gesetzesbegründung aus der Feder des Bankenverbandes erleichterte Steuerhinterziehung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Am 9. Dezember soll Peer Steinbrück von einem SPD-Parteitag offiziell zum Kanzlerkandidaten gekürt werden. Es gibt nicht wenige Sozialdemokraten, die diese Wahl (wenn auch hinter vorgehaltener Hand) bereits bereuen. Das liegt unter anderem an den möglichen Leichen, die Steinbrück aus seiner Zeit als Bundesfinanzminister im ersten Kabinett Merkel im Keller hat. Eine dieser Leichen wurde gestern mit dem aktuellen HypoVereinsbank –Steuerhinterziehungsskandal an die Oberfläche geschwemmt und ist nun für die Öffentlichkeit sichtbar:

Mitarbeitern der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt und Fachjuristen, die den Fall beobachten, fiel im Zuge des Ermittlungsverfahrens gegen Kunden der Skandalbank nämlich auf, dass die Steuerhinterziehungsgeschäfte mit Aktien und Dividenden-Stripping nur deshalb möglich wurden, weil gesetzliche Vorschriften handwerklich so extrem schlecht formuliert waren, dass sie die als Handlungsbedarf genannten Probleme bei der Kapitalertragsteuererstattung nicht verkleinerten, sondern vergrößerten.

Diese Vorschriften entstanden in der Zeit, als Peer Steinbrück Finanzminister war. Und die Begründungen dazu stammen nach Erkenntnissen der Wochenzeitung Die Zeit nicht etwa von einer Beamtenaltlast aus der Zeit Theo Waigels, sondern aus einem 2002 verfassten Schreiben des Verbandes deutscher Banken. Daraus übernahm Steinbrücks Ministerium lange Formulierungen wortwörtlich (und ohne Anführungszeichen). Ein urheberrechtliches Problem bekommt der Kanzlerkandidat dadurch wahrscheinlich nicht. Aber man kann ihm im besten Falle extreme Naivität im Umgang mit der Finanzindustrie vorwerfen. Und in allen schlechteren Fällen über noch problematischere Hintergründe spekulieren.

Mit im Zentrum des aktuellen Hypo-Vereinsbank-Skandals steht auch die schweizerische Sarasin-Bank. Das mit "Nachhaltigkeitsanlagen" werbende Geldinstitut, in dessen Verwaltungsrat die CSU-Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl sitzt, steht im Verdacht, die mit Steinbrücks Gesetz leicht mögliche Hinterziehung von 124 Millionen Euro deutschem Steuergeld initiiert zu haben. Dort selbst sieht man allerdings "derzeit keine Anhaltspunkte für ein [eigenes] Fehlverhalten". Dafür hatte man Peer Steinbrück eingeladen, einen seiner berühmten hochbezahlten Vorträge zu halten, mit denen er seit 2009 eineinviertel Millionen Euro verdiente. Diesen Vortrag sagte der Kanzlerkandidat am Mittwoch jedoch kurzfristig ab.