Grüne im Innenausschuss für Vorratsdatenspeicherung

Ein geleaktes Protokoll enthüllt eine Diskrepanz zwischen den nach außen dargestellten Positionen der Ökopartei zur anlasslosen Überwachung und ihrer politischen Praxis

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Am 2. Mail hatte der Bundestags-Innenausschuss Dr. Reinhard Priebe, eingeladen, der dort in seiner Funktion als EU-Kommissionsdirektor für Innere Sicherheit über das deutsche Vertragsverletzungsverfahren zur Vorratsdatenspeicherung zu sprach. Ein Wortprotokoll dieser Anhörung ist nun dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) zugespielt worden, der das Dokument auf seiner Website veröffentlichte. Priebe bedauert darin das Urteil des Bundesverfassungsgericht zur deutschen Umsetzung der Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie und kündigt an, dass der angekündigte Änderungsvorschlag der EU-Kommission nichts Grundsätzliches an der Verpflichtung zur verdachtslosen Speicherung aller Verbindungsdaten ändern werde.

Doch in dem Protokoll ist weniger das überraschend, was Priebe sagt, als das, was von Politikern zu hören ist: So äußert beispielsweise der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz mehr oder weniger beiläufig, dass der Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder und dessen grüner Adlatus Joseph Fischer die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung "mit betrieben" hätten. Dafür erntet Wiefelspütz nur halbherzigen Widerspruch von Wolfgang Wieland, dem innenpolitischen Sprecher der Grünen, der meint, dies sei "nicht ganz richtig" und die Richtlinie eher ein Erbe Otto Schilys. Nichtsdestotrotz ist die Vorratsdatenspeicherung für Wieland aber "europäisches Recht" das umgesetzt werden müsse. Daran könne es ihm zufolge "keinen vernünftigen Zweifel" geben. Und weiter: "Wir sehen keine Umsetzung, das ist die Kritik ".

Wielands "Wir" deutet darauf hin, dass der Politiker hier zumindest für seine Bundestagsfraktion spricht. Deshalb könnte es gut sein, dass von den Grünen trotz entgegengesetzter Wahlkampfaussagen kein Widerstand gegen eine Komplettüberwachung des Kommunikationsverhaltens aller Bundesbürger geben wird, wenn SPD und Grüne 2013 eine Mehrheit auf Bundesebene erhalten sollten. Insofern würde Rot-Grün keinen Unterschied zu einer Großen Koalition machen. Darauf deutet auch ein Szenario hin, mit dem Wiefelspütz Priebe konfrontierte: Er fragte den EU-Direktor "was passiert, wenn eine nächste Bundesregierung einen Gesetzentwurf in dieser Richtung mit drei Monaten vorlegt und mit einem abgespeckten Datenkranz".