Stuttgart 21: Schwarz-Gelb stellt sich gegen Mehrheit

76 Prozent, so der neueste DeutschlandTrend, sympathisieren mit den Gegnern von S21, auch die Laufzeitverlängerung und die Gesundheitsreform wird abgelehnt, Merkels Stern sinkt

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Stuttgart 21 könnte tatsächlich zu dem Schicksalsprojekt werden, zu dem es Bundeskanzlerin Merkel und einige aus ihrer Regierung und die schwarz-gelbe Landesregierung in Baden-Württemberg machen wollen. Die Standhaftigkeit, die man hier demonstrieren will, kommt offenbar bei den Menschen nicht gut an.

Im DeutschlandTrend der ARD und der Welt halten nur 31 Prozent Stuttgart 21 "im Großen und Ganzen", also schon recht vorsichtig formuliert, für richtig. Das sind weniger, als noch für Schwarz-Gelb stimmen würden, wenn am Sonntag gewählt würde. 54 Prozent lehnen es ab. Geißler, der Vermittler, kann im Unterschied zur BW-Landesregierung auf Rückendeckung in der Bevölkerung setzen. 77 Prozent sind für einen Baustopp während der Verhandlungen, Ministerpräsident Mappus und die FDP im Ländle will dies nicht, sondern nur ein "Signal", den Südteil des Bahnhofs jetzt nicht abzureißen, was auch gar nicht anstünde. Dumm auch für Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg und in Deutschland, dass 76 Prozent der Befragten sagen, sie würden mit den Gegnern des Projekts sympathisieren.

71 Prozent lehnen ab, dass die Polizei härter durchgreifen müsse, um den Weiterbau sicherzustellen, 59 Prozent lehnen ab, dass sich Merkel für den Weiterbau stark macht. Die Menschen haben weithin die Ansicht, dass die Politiker nicht auf die Wünsche und Interessen der Bürger achten, daher wohl auch die Zustimmung zu den Protesten. 94 Prozent meinen, die Menschen müssten auf die Straße gehen, 80 Prozent sagen, die Interessen der Bürger würden nicht genügend berücksichtigt, 85 Prozent sind der Ansicht, die Politiker lebten gewissermaßen in einer Parallelgesellschaft, sie wüssten nicht, "was im wirklichen Leben los ist".

Zwar ist die Mehrheit der Befragten für die Hartz-IV-Reform, aber die Verlängerung der Laufzeiten für die AKWs und vor allem Röslers Gesundheitsreform werden überwiegend abgelehnt. Eine Mehrheit würden Union und FDP sowieso wie schon lange nicht mehr haben. Die FDP muss besonders aufpassen, sie hält sich gerade noch so um die 5 Prozent, also kurz vor dem Absturz und sollte sich überlegen, ob sie nicht personell und politisch allmählich zu Veränderungen kommt, um noch Ernst genommen zu werden.

Die Union kann sich bei 32 Prozent halten, wäre aber mit ihrem derzeitigen Koalitionspartner nicht mehr regierungsfähig, weswegen sie eigentlich Sorge tragen müsste, bei SPD der Grünen nicht zu viel Scherben entstehen zu lassen. Da scheint man aber in Berlin und Stuttgart nicht darauf zu setzen. Die SPD krebst bei 27 Prozent, die Linken halten sich bei 11 Prozent und die Grünen schießen auf 20 Prozent hoch.

Wie tief der schwarz-gelbe Sturz geht, lässt sich bei der Kanzlerfrage sehen, wo Merkel schwer Federn lassen muss. Bei einer Entscheidung zwischen ihr und Peer Steinbrück würden sich 44 Prozent für Steinbrück und nur 35 Prozent für Merkel entscheiden, gegen Gabriel schneidet sie allerdings noch besser ab. Warum die Menschen Guttenberg so schätzen, ist wirklich ein Geheimnis, dass Schäuble wohl auch durch seine Krankheit an zweiter Stelle der Beliebtheit gerückt ist, erstaunt wenig. Danach aber kommen schon Steinmeier und Künast noch vor von der Leyen, Merkel liegt nach Trittin und Gabriel nur nach auf Platz 8. Das zeigt, dass die Ära Merkel zu Ende geht.

Interessant ist auch, wie sich die Menschen zu der Aussage von Bundespräsident Wulff stellen, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Deutschland ist hier gespalten, 49 Prozent sind realistisch und stimmen ihm zu, 47 Prozent lehnen diese Aussage ab. Die Zustimmung ist im Westen höher als im Osten. Wichtiger aber ist, dass die Jüngeren unter 45 Jahren eher zustimmen, während die Alten eher ablehnen, weil sie offenbar nicht bereit sind, sich und ihr Bild von der Wirklichkeit zu verändern. Und je höher Einkommen und Bildung sind, desto größer ist auch die Zustimmung zur These Wulffs. Sarrazin redet also anscheinend doch eher für die Unterschicht, die er aber genetisch ebenso wie die Muslime für dümmer hält.