Ernährungsbedingtes Lumpenproletariat

2,5 Millionen Kinder stehen wegen der Hartz IV-Sätze in Gefahr der Mangelernährung - mit möglicherweise gravierenden Folgen

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Den Menschen in Deutschland gehe es relativ gut, heißt es immer wieder. Mit Hartz IV werde ein Existenzminimum garantiert. Ernährungsmediziner der Universität Hohenheim melden aber [https://www.uni-hohenheim.de/thema.html?&tx_ttnews[tt_news]=9056&cHash=bba775a8e5e3180465a20e0227c7a6b6 Kritik] an und warnen davor, dass 2,5 Millionen Kinder aufgrund von Armut falsch ernährt werden, was nicht nur Folgen für die physische Gesundheit habe, sondern auch für den sozialen Aufstieg bzw. für die Unmöglichkeit aufzusteigen.

Der Hartz IV-Regelsatz von täglich 2.62 € für Kinder zwischen 2 und 6 Jahren und von 3.22 € für Kinder zwischen 7 und 14 Jahren sind nach den Wissenschaftlern nicht ausreichend, um eine gesunde Ernährung sicherzustellen. Dafür wären "mindestens 5 € pro Tag und Kind notwendig". Weil sie nicht ausreichend gut ernährt werden, seien sie, so Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski, Sprecher des Sachverständigenbeirates der Ernährungsinformation der Universität Hohenheim, oft "blass und übergewichtig, ihr Immunsystem ist geschwächt und ihre Entwicklungschancen sind schlechter: Jedem sechsten Kind in Deutschland erschwert der Hartz IV-Regelsatz eine adäquate Ernährung."

Und das könnte erhebliche Folgen haben, erklärt Biesalski: "Kinder aus armen Familien sind doppelt so häufig krank und übergewichtig – auch das ist ein Ergebnis aus deutschen Erhebungen. Langfristig begünstigt das Fehlen der zitierten Mikronährstoffe die Entwicklung chronischer Erkrankungen: Arteriosklerose, Diabetes und andere. Aus 2,5 Millionen Kindern, die sich aufgrund Armut fehlernähren, werden Erwachsene mit einem doppelt so hohen Risiko für Bluthochdruck und Diabetes."

Die Armen haben dadurch nicht nur eine geringere Lebenserwartung, sie sind eben auch von vorneherein allein schon ernährungsmäßig benachteiligt: "Wir bekommen eine soziale Auswahl, die den Armen von Kind an eine ausreichende Leistungsfähigkeit verweigert – und damit die Grundlage für gute Ausbildung und beruflichen Erfolg", sagt Biesalski und mahnt eine ausgleichende "gesunde Ernährung in Ganztagsschulen und Kindertagesstätten" an.