Was weiß der hessische Verfassungsschutz?

Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl mutmaßt, dass sich aus den Enthüllungen um das Thüringer Terrortrio ein Sicherheitsbehördenproblem entwickeln könnte

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Auch wenn Äußerungen des CSU-Innenpolitikers Hans-Peter Uhl aufgrund eines mehrfach nachgewiesenen Mangels an Sachkenntnis gemeinhin mit großer Vorsicht zu genießen sind: Seine gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung ausgesprochene Mutmaßung, dass sich die Enthüllungen um das Thüringer Trio möglicherweise zu einer Verfassungsschutzaffäre ausweiten, ist nicht ganz ohne Grundlage: Denn durch die Verbindung mit den "Döner-Morden" rückt auch ein Fahndungsergebnis von 2006 wieder ins Licht der Öffentlichkeit, nach dem die Serie plötzlich ein Ende fand.

Damals nahm die Kasseler Polizei einen Mitarbeiter des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz als Verdächtigen fest, weil er zum Zeitpunkt der Erschießung des Internetcafébetreibers Halit Y. am Tatort war, sich aber als einziger der Anwesenden nicht für eine Zeugenaussage meldete. Hinzu kam, dass ein anderer Zeuge den Mann angeblich mit einer Tüte sah, wie sie in den "Döner-Morden" eine Rolle bei der Beseitigung von Patronenhülsen gespielt haben soll. Dass er darüber hinaus kriminologische Fachliteratur zu Serienmorden las, war der Staatsanwaltschaft zwar einen Hinweis an die Presse wert, reichte aber nicht für einen Haftbefehl. Beim hessischen Verfassungsschutz war am Samstag niemand für Fragen bezüglich dieses Mitarbeiters zu erreichen.

Darauf, dass Uwe B. und Uwe M. nicht nur die Tatwaffe für die "Döner-Morde" in ihren Besitz brachten, sondern in mindestens einem Fall auch die Täter waren, deutet eine Eigenheit bei der Entfernung vom Tatort hin: Beim Sparkassenüberfall in Eisenach sollen die beiden erst mit Fahrrädern geflüchtet sein, die sie später in ihrem Wohnmobil verstauten. Und auch im Fall des erschossenen Nürnberger Dönerbudenbetreibers Ismail Y. beobachteten Zeugen zwei kurzhaarige Männer im Alter zwischen 25 und 35, die nach der Tat ihre Fahrräder in einen Transporter packten.

Doch welchen Zweck hätten Morde aus rein rechtsradikaler Motivation ohne Bekennerschreiben? Vor allem dann, wenn man bedenkt, dass die Drei in den 1990ern genau umgekehrt vorgingen und vor dem Jenaer Theater eine Hakenkreuzkofferbombe ohne Zünder platzierten. Konnten Uwe B. und Uwe M. überhaupt wissen, dass ihnen die Polizei auf der Spur war? Wie viele Schüsse "in Kopf und Herz" weisen ihre Körper auf? Wie konnte es sein, dass der Wohnwagen "explodierte", als sich die Polizisten näherten? Konnte Beate Z. so dumm sein, ihre Wohnung zum Zwecke der Beweisvernichtung in Brand zu stecken, obwohl sie wusste, dass Pistolen aus Metall sind? Und stellte sie sich der Polizei, weil sie Angst vor einem der Öffentlichkeit noch unbekannten Akteur hat, der ihr in der Freiheit gefährlicher werden kann als im Gefängnis?