Angst vor dem Jasmin

Chinas Führung fürchtet offensichtlich Ansteckung

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Die chinesischen Behörden sind, wie berichtet, ziemlich nervös angesichts verschiedener Versuche, in der Volksrepublik Kundgebungen und Demonstrationen nach dem Muster der jüngsten arabischen Revolutionen anzustoßen. Siegel Online berichtet von der Festnahme mehrerer Journalisten und Kamerateams in Beijng (Peking). Das Material, das von einer Demonstration gefilmt worden sei, hätten die beamten gelöscht. In Beijing und Shanghai habe es am Sonntag kleine „pro-demokratische“ Demonstrationen gegeben.

Unterdessen berichtet die in Hongkong erscheinende South China Morning Post, dass die in den USA registrierte oppositionelle Domain Boxun.com seit dem 19. Februar unter schweren Attacken zu leiden habe und kaum noch operieren könne. Man wolle daher keine weiteren Aufrufe zu Aktionen veröffentlichen. Die Zeitung schreibt, dass in mehreren Städten zahlreiche bekannte Oppositionelle unter Hausarrest gestellt worden seien. Das Ausmaß an allgemeinem Unmut sei so groß, dass schon ein kleiner Funke ausreiche um größere Proteste auszulösen. In einem anderen Beitrag schreibt die gleiche Zeitung, dass es Aufrufe gebe, jeweils Sonntags in die großen Einkaufszentren der Städte spazieren zu gehen, einander anzulächeln und sich ein wenig zu unterhalten. "Jasmin" sei zum "sensiblen" Wort geworden, also zu einem Stichwort, das Internetsperren auslösen kann.

Interessant ist, wie ein Kommentar in der Global Times, dem relativ neuen englischsprachigen Sprachrohr der KP, die arabischen Revolutionen analysiert: Die dominierende Rolle des Westen werde durch den Aufstieg der Schwellenländer erstmals seit dem Kolonialzeitalter in Frage gestellt, daher könnte er ein Interesse haben, die Unruhe auch auf diese Länder, namentlich Russland und China zu verbreiten.

Andererseits wolle man sich nicht auf Verschwörungstheorien einlassen, zumal die Position des Westens durch die Revolten eher geschwächt werden könnte, sofern sie auf den Nahen Osten beschränkt bleiben. Für die Chinesen sei es auf jeden Fall wichtig, in der jetzigen Situation Ruhe und Stabilität zu wahren.

Ganz anders sieht es hingegen Mark LeVine in einem auf der Webseite von AL Jazeera veröffentlichten Essay. LeVine lehrt an der Universität von Kalifornien in Irvine Geschichte und ist Gastprofessor am Zentrum für Middle Eastern Studies an der Universität von Lund in Schweden. Voller Begeisterung verweist er darauf, dass die Proteste vor allem von der Jugend getragen worden und hofft darauf, dass sich auch in den USA die Menschen inspirieren lassen.