Ich bin keine "In"

Außer Kontrolle

Könnten wir bitte die Emanzipationsschraube wieder etwas herausdrehen? Ich möchte endlich wieder lesbare Texte ;)

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Okay, okay, ich gebe es offen zu, es ist ein Freitagsthema. Eigentlich sollte ich ja draußen sein, das schöne Wetter genießen, im Teakholzstuhl einen kleinen Cocktail schlürfen während die Löwenzähne mir ihr gelbes Blütchen entgegenrecken und rote Tulpen und blaue Perlhyazinthen eine wunderschöne frühlingshafte Mischung aus Farben bieten. Die Katzen entdecken die Schmetterlinge und Hummeln, der Lavendel reckt sich der Sonne entgegen und das Grün, Gelb, Rosa, Lila und Blau der Blumen, Gräser, blühenden Zweige und Bodendecker bietet eine friedvolle Kulisse für die vorösterliche Stimmung.

Doch leider leider hat sich ein kleiner giftiger Tropfen in meinen Vorosterncocktail geschlichen, der mich schon zum gefühlten 1.000.000.000.000sten Male entnervt aufjaulen lässt. Ein Text, eigentlich durchaus sinnig und auch für Recherchen nicht wirklich unnütz, der aber im Zuge der sogenannten "Emanzipation" (besser: der schriftlichen Emanzipation) zur Wortdschungeliade mutiert, durch die man sich mittels des "Binnen-I-raus"-Messers kämpfen muss.

Vorab sei gesagt, dass ich kein Freund des Binnen-In bin. Ich empfand schon CamelCase als mühsam, auch wenn es durchaus einen logischen Ausgangspunkt hatte - in der deutschen Sprache gibt es nun einmal viele Endlosworte, die in einer anderen Sprache sinnvoller getrennt werden würden. Nein, nicht der bekannte Donaudampfschiff... ist gemeint, es gibt genug andere Beispiele. Da half auch das "LagerHausVerwaltungsSoftware" nicht weiter - "software for supply´s administration" half mir stehts mehr. Großbuchstaben innerhalb eines Wortes irritieren mich, das gebe ich zu. Noch mehr irritierte mich aber, wie sehr auch innerhalb des gesprochenen Wortes manche Ankündigungen, Begrüßungen usw. plötzlich in eine Länge gezogen wurden, die verdrehte Augen zur Folge hatten. Während dies bei dem gesprochenen Worte aber noch einigermaßen erträglich ist, werden manche Texte aber kaum mehr lesbar, so stark werden sie durch das eingefügte "IN" verfremdet.

Nachtrag: Wie im Forum zu recht kritisiert, ist der von mir erwähnte Text kein Beispiel für das Binnen-I, sondern eher für die Art und Weise, wie krampfhaft versucht wird, innerhalb bestimmter Texte weder Männer noch Frauen in irgendeiner Form außen vor zu lassen und insofern einen Endlostext zu verfassen, der sowohl die männliche als auch weibliche Form nutzt, statt bei der neutralen Form zu bleiben, die oft als "männlich" wahrgenommen wird.

"Sollte es zu einem solchen Vorfall kommen, so sollte der Verdächtige seine Aussage verweigern und auf die Hinzuziehung eines Anwaltes beharren, der dem Angeklagten in der Folge zur Seite steht und seine Rechte vertritt. Hierbei ist es wichtig zu merken, dass auch die Versicherung der Beamten/Angestellten, dass ein Anwalt nicht nötig sei, oft nur aus Unwissenheit der Beamten/Angestellten erfolgt oder aber einer Beschwichtigung des Verdächtigen dient."

Solcherlei Texte sind ohnehin schwer zu lesen, aber mit den "In" wird es fast unmöglich.

Auch hier der Nachtrag: Tatsächlich ist hier das Binnen-I nicht vorgekommen, sondern eine andere Form der Gleichmacherei zu Ungunsten eines Textes. Beim Binnen-I steht dann so etwa wie "Verdächtige ((hier wird selten die weibliche Form beim Vorlesen genutzt)) und die Anwält(Pause)In sollten sich absprechen bevor sie mit der Beamt_in..." (wobei hier dann eben das Ganze so klingt wie "es muss eine Beamtin sein, denn der Beamte fällt ja weg" --- Vergleich: unsere Lehrer...Innen...)

"Sollte es zu einem solchen Vorfall kommen, so sollte der/die Verdächtige seine/ihre Aussage verweigern und auf die Hinzuziehung eines Anwaltes/einer Anwälting beharren, der/die dem/der Angeklagten in der Folge zur Seite steht und seine/ihre Rechte vertritt. Hierbei ist es wichtig zu merken, dass auch die Versicherung der Beamtin/des Beamten oder der/des Angestellten, dass ein Anwalt/eine Anwälting nicht nötig sei, oft nur aus Unwissenheit der/des Beamten/in bzw des/der Angestellten erfolgt oder aber einer Beschwichtigung des/der Verdächtigen dient."

Je länger ein Text auf Grund des Juradeutsches sowieso schon ist, desto unlesbarer wird er dank dieses Binnen-I (oder sonstiger Gleichmacherei). Und ich gebe zu, ich verstehe es nicht - Emanzipation hin oder her, wenn von einem "Verdächtigen" gesprochen wird, hielt ich es vor etlichen Jahren noch für selbstverständlich, dass sowohl männlich als auch weiblich gemeint war, sollte man mehr wissen, wurde präzisiert. Jetzt heißt es dann "der oder die Verdächtige". Ich fühle mich persönlich auch in dieser "Sonderrolle" unwohl - ich habe nichts gegen Menschen, die mir die Tür aufhalten oder mir den Stuhl zurechtschieben, im Gegenteil. Aber ich fühle mich unwohl, wenn, nur weil ich als einzige Frau in einer Gruppe aus Journalisten sitze, extra als "Sehr geehrte Dame, Sehr geehrte Herren" begrüßt werde. Ein "Liebe Journalisten" oder "Sehr geehrte Journalisten" wäre mir weitaus lieber, zumal ich es dann als peinlich empfinde, mit welcher Süffisanz dann Männer begrüßt werden, wenn sie neben den Frauen vor Ort sind. "Liebe Journalistinnen... (Pause)... lieber Journalist" (leichtes Kichern).

Vielleicht habe ich einfach einen Knacks weg, was das Ganze angeht, aber wenn ich sehe, wie oftmals ein Mann in einer Frauengruppe bekichert wird wie im Kindergarten während sich andererseits Frauen bei einer gleichen Behandlung gleich wieder auf zighundert Jahre der Diskriminierung berufen usw, dann bekomme ich einfach manchmal zuviel. Wenn ich dann noch sehe, wie diverse Problemfelder, bei denen Frauen die Täter sind, einfach ausgeblendet werden bzw. dies nur zu Lachanfällen führt, dann hilft bei mir oft nur konsequentes Weggehen vom Thema. Ob häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt, Diskriminierung oder Sexismus - irgendwie scheint es da eine so starke Täter/Opfer-Einstufung zu geben, dass Männer als Opfer nicht vorstellbar sind, ebenso wenig wie Frauen als Täter.

Sicher, das Binnen-In ist da ein winziger Anlass, aber es nervt mich persönlich immer öfter, dass in solchen Dingen so auf diese vermeintliche Emanzipation gepocht wird, während in anderer Hinsicht die vermeintlichen Emanzen dem "oh schau mal, da oben fliegt ein Schmetterling"-Effekt folgen und sich nie vorstellen können, dass auch Frauen zu Vergewaltigern zählen können usw. usf.

Aber abseits dieses Schlenkers ist es für mich auch einfach nervend, wenn ich jemandem mitteile, dass ich mich als Datenschützer sehe und sofort kommt "aber doch eher als Datenschützerin, oder?" und dann daraufhin eine Gender-Debatte folgt. Ich habe jedenfalls den Text beiseite gelegt und werde jetzt doch eher den Ostercocktail genießen. Mit meinen Katzen, egal ob Kater oder Katzen. Ich hoffe, die Kater beschweren sich nicht darüber, dass sie einfach so bezeichnet werden.

Nachtrag am Schluss: ich bekenne mich schuldig, Binnen_I und die sonstigen Formen des "wir müssen aber unbedingt auch die weibliche Form erwähnen" vermischt zu haben und bedanke mich beim Forum für die berechtigte Kritik an meiner Kritik. Ich mag weder das Binnen_i, das _innen noch diese Endlosformulierungen wie der/die Leser/Leserin, aber es war eindeutig eine unzulässige Vermengung und ich bitte um Entschuldigung dafür.