Universität Düsseldorf eröffnet Plagiatsverfahren gegen Wissenschaftsministerin Schavan

Eigentlich sollte schon der begründete Verdacht Schavan zum Rücktritt zwingen, um dem Ansehen der Wissenschaft nicht zu schaden

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Nun hat also der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorfs trotz des Drucks aus der Politik und von den großen Wissenschaftsorganisationen ( Universität Düsseldorf weist Kritik der Allianz der Wissenschaftsorganisationen zurück) am Dienstagabend eine sicher richtige Entscheidung gefällt: Das Verfahren zur Überprüfung der Plagiatsvorwürfe gegen die Wissenschaftsministerin und Kanzlerinvertraute Annette Schavan wird offiziell eingeleitet.

Schon der damit begründete Verdacht sollte Schavan eigentlich dazu bringen, von ihrem Amt zurückzutreten, das - anders als bei den anderen Politikern unter Plagiatsverdacht - das Ansehen der Wissenschaft zu seinen Hauptaufgaben zählen sollte. Für die Bundeskanzlerin, obgleich selbst promovierte Physikerin, spielt dies bekanntlich keine Rolle. Sie beruft Menschen, wie sie im Hinblick auf Guttenberg sagte, nicht als Wissenschaftler auf Ministerposten. Aber auf diesen Ministerposten?

Auch wenn man darüber streiten kann, ob die Schavan nachgewiesenen Zitatverschleierungen es rechtfertigen, ihr den Doktortitel zu entziehen, womit sie keinen akademischen Abschluss mehr hätte, so war die Entscheidung, für die sich 14 Mitglieder des Fakultätsrats mit einer Enthaltung ausgesprochen haben, auch konsequent. Hätte der Fakultätsrat dem unübersehbaren Druck nachgegeben, so hätte dies zwar der Regierungskoalition, der CDU, der Kanzlerin und selbstverständlich Schavan genützt, weil die Wissenschaftsministerin dann schon jetzt nicht zurücktreten müsste, aber dem Ansehen der Wissenschaft wäre großer Schaden zugefügt worden. Dass die vom Bundesministerium finanziell abhängigen Wissenschaftsorganisationen gegen die Universität Düsseldorf und für Schavan aufgetreten sind, war sowieso schon vielsagend und der Wissenschaft nicht förderlich, weil es zeigte, dass man nachsichtig sein wird, wenn es ums Geld und um einen wichtigen Politiker geht, d.h. um Macht.

Die Universität Düsseldorf hat deswegen der Wissenschaft einen guten Verdienst erwiesen, weil sie ohne Ansehen der Person ein Verfahren zur Überprüfung der Plagiatsvorwürfe einleitet, die auf dem Schavanplag öffentlich belegt und nachprüfbar sind. Zudem wurden sie vom Gutachter Stefan Rohrbach, Professor für Jüdische Studien und Vorsitzender des Promotionsausschusses, bekräftigt. Er konstatierte eine "leitende Täuschungsabsicht" von Schavan. Eine Verjährung für Verfehlungen gibt es nicht. Wäre die Universität Düsseldorf schon eingeknickt, bevor überhaupt ein Verfahren eingeleitet worden wäre, dann wäre klar gewesen, dass das Hauptprinzip der Wissenschaft nicht mehr gilt. Dass die Vergabe von Titeln und deren Benotung in der alltäglichen Praxis viele Fragen aufwirft, ist eine andere Sache. Aber wenn gute Gründe dafür sprechen, dass eine eigenständige wissenschaftliche Leistung nicht erbracht wurde, muss unabhängig von der Person und der Macht überprüft werden. Sonst wäre der Verdacht auf eine wissenschaftliche Bananenrepublik kaum zurückzuweisen.

Prof. Dr. Bruno Bleckmann, Dekan der Philosophischen Fakultät, legt Wert auf die Feststellung, dass das Verfahren "ergebnisoffen" sei. Ein Verdacht muss keineswegs zur Bestätigung führen, allerdings handelt es sich bei Schavans Doktorarbeit um einen begründeten Verdacht. Selbst wenn die Universität Düsseldorf Schavan den Doktortitel nicht entziehen sollte, ist sie nicht gerade ein leuchtendes Vorbild für Ehrlichkeit und Korrektheit in der Wissenschaft. Das laufende Verfahren wird im Jahr der Bundestagswahl sicherlich zur Belastung der Regierungskoalition werden. Merkel wird sich genau überlegen müssen, ob sie trotzdem Stabilität in der Regierungsmannschaft wahren will oder ob sie als einstige Wissenschaftlerin ein Zeichen gibt, dass ihr wissenschaftliche Aufrichtigkeit etwas bedeutet. Für eine Nation, die auf Wissenschaft und Technik setzen muss, wäre dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit.