Griechenland: Initiator einer Facebook-Seite wegen Blasphemie verhaftet

Der 27-Jährige hatte eine Seite mit dem Namen Gerontas Pastitsios – Elder Pastitsios ins Netz gestellt

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In Griechenland wurde am Montag der Initiator einer nach Ansicht der Strafverfolgungsbehörden blasphemischen Facebook-Seite festgenommen. Der mutmaßliche Gotteslästerer ist ein siebenundzwanzigjähriger Grieche, dessen Vergehen darin besteht, dass er eine Seite mit dem Namen Gerontas Pastitsios – Elder Pastitsios ins Leben gerufen hatte. Pastitsio ist eine in Griechenland beliebte Nudelspeise. Auf die Spur des jungen Mannes gelangten die Strafverfolgungsbehörden nach eigenen, im Polizeibericht vermerkten Angaben durch die Auswertung von nicht näher spezifizierten "logfiles".

Mit der Verballhornung des Namens des von zahlreichen Griechen verehrten, am 12. Juli 1994 verstorbenen Mönchs Paisios (Aussprache Pa-i-sios) wollte der nun Inhaftierte offenbar auch politische Akzente setzen. Mittels einer Fotomontage hatte er einen Avatar gebastelt,

Paisios, zu dessen Ehrung ebenfalls eine Fanpage auf Facebook eingerichtet wurde, war im Lauf seines Lebens nicht nur seelsorgerisch tätig. Seine Heiligsprechung wurde bereits vorgeschlagen.

Politische Hintergründe

Zeitgerecht finden sich Sammlungen mit Wundern, die Paisios zugesprochen werden, in einschlägigen Sammlungen im Internet. Über die Wunder hinaus hat der Mönch zahlreiche Prophezeiungen hinterlassen. Eine davon betrifft einen nahenden dritten Weltkrieg, an dessen Ende die Griechen mit russischer Hilfe ihr Konstantinopel und somit Byzanz wieder zurück erhalten sollen. Derartige Vorhersagen treffen vor allem bei nationalkonservativen Bürgern auf Begeisterung.

Die Elder-Pastitsios-Seite war unter anderem dem Journalisten Kostas Chardavellas ein Dorn im Auge. Über sein Internetmagazin rief er mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung die Leser dazu auf, massenhaft zu protestieren und bei Facebook dessen Löschung zu beantragen. Chardavellas ist ebenfalls vielen links orientierten Griechen ein Dorn im Auge. Außer einer Tendenz zu nationalkonservativen Theorien lasten sie ihm seine geradezu notorische UFO-Gläubigkeit an. Hinsichtlich der Proteste gegen die Seite erhielten die Fans von Paisios auch Unterstützung von Seiten der rechten Chryssi Avgi. Deren parlamentarischer Sprecher, Christos Papas, hatte bereits am 18.9.2012 eine bisher nicht beantwortete parlamentarische Anfrage an das Bildungsministerium und das Bürgerschutzministerium gerichtet.

Interessant ist jedoch, dass erst am 12.9.2012 eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten der SYRIZA, Petros Tatsopoulos, abschlägig beantwortet wurde. Tatsopoulos hatte beantragt, den Blasphemieparagraphen, auf dessen Basis der Siebenundzwanzigjährige heute festgenommen wurde, aus dem griechischen Strafrecht zu streichen. Tatsopoulos, dessen Vorstoß vom Mitropoliten von Piräus, Seraphim, scharf verurteilt wurde, hatte argumentiert, dass man mit dem elastisch auslegbaren Paragraphenwerk politische Spielchen treiben könnte. Denn strafbar ist in Hellas nur die böswillige Gotteslästerung. Was als böswillig einzustufen ist, das entscheidet der jeweilige Richter. So kam es in der Vergangenheit dazu, dass zum Beispiel der österreichische Karikaturist Gerhard Haderer wegen seiner Christuskarikaturen erstinstanzlich verurteilt wurde, der griechische Verleger jedoch straffrei ausging.

Wie nicht anders zu erwarten, wurden nach der seitens Facebook erfolgten Löschung der ursprünglichen Seite zur Elder Pastitsios und der Festnahme des Initiators zahlreiche neue Seiten zum Thema erstellt. Zahlreiche Pinwände von Griechen sind voll mit Rezepten für das beste Pastitsio. Die jeweiligen User weisen darauf hin, dass die Herstellung und der Genuss der beliebten Nudelspeise bis auf weiteres noch straffrei sind.

Dimitris Papadimoulis vom SYRIZA fragte sich über seinen Twitteraccount, wie es denn sein könne, dass die Offenlegung der Verbindungsdaten des Siebenundzwanzigjährigen seitens der Strafverfolger bereits für ein einfaches Vergehen und nicht wie gesetzlich vorgeschrieben für ein Verbrechen erfolgte. Rassistische Aufrufe sowie Gedanken zur Zwangssterilisation Behinderter, wie sie auf neonazistischen Seiten verbreitet werden, lassen die Strafverfolger weiterhin unbeachtet.