Zur Qualität medizinischer Studien

Nicht nur die Autoren, auch die Fachzeitschriften selbst stehen im Interessenskonflikt

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Das Entsetzen über industriegesponsorte Studien in der Medizin muss sich in Grenzen halten. Im Gesundheitssystem bringt außer den Herstellern kaum jemand die Mittel auf, um neue Medikamente und neue Verfahren zu entwickeln. Dass ihr Studiendesign bewusst und unbewusst ihr Arzneimittel oder Produkt eher positiv darstellt, kann man bemängeln, ist aber angesichts des Marktdruckes kein Wunder.

Das wichtigste Medium für die Qualitätsbeurteilung von Studien sind daher die renommierten Fachzeitschriften. Deren Herausgeber entscheiden, ob eine eingereichte Studie angenommen oder abgelehnt wird. Nun hat das unabhängige Nordic Cochrane Center in Kopenhagen versucht, den Interessenskonflikten dieser Fachzeitschriften auf den Grund zu gehen.

Die Cochrane-Autoren untersuchten die im Zeitraum 2005-2006 veröffentlichten Studien-Aufsätze in sechs renommierten medizinischen Journalen (The Lancet, New England Journal of Medicine (NEJM), Annals of Internal Medicine, Archives of Internal Medicine, British Medical Journal (BMJ), Journal of the American Medical Association). Für die Studien wurde die Finanzierungsquelle ermittelt und die Anzahl der Arbeiten, in denen die Studien zitiert wurden. Der Anteil der Arbeiten, die allein von der Industrie finanziert wurde betrug im Zeitraum zwischen sieben Prozent im BMJ, 22% im Lancet und 32% im NEJM.

Wichtiger aber noch: Nach den Berechnungen der Cochrane-Autoren führt die Veröffentlichung von industriefinanzierten Studien zu einem höheren, sogenannten Impact Faktor für die Journale. Und je höher der Impact Factor, desto angesehener ist eine Fachzeitschrift. Die Autoren verlangen daher, dass zukünftig Fachzeitschriften ihre finanziellen Abhängigkeiten offen legen; genau so, wie sie dies von ihren Autoren verlangen. Dies sei umso notwendiger, als dass die Journale durch den Wiederabdruck von erfolgreichen Studien zum Teil hohe Einkünfte durch die Industrie erhielten.